Bewertung

Review: #7.03 Die Zelle

Foto: Norman Reedus, The Walking Dead - Copyright: Gene Page/AMC
Norman Reedus, The Walking Dead
© Gene Page/AMC

Jeffrey Dean Morgan ist eine schwere Aufgabe angetreten. In den Comics ist Negan einer der charismatischsten Antagonisten und die Leser sind sicherlich mit einigen Erwartungen an die Adaption der Figur für die Serie herangegangen. Die Einführung von Negan war durchaus gelungen und auch im Staffelauftakt überzeugte Morgan mit einer tollen Leinwandpräsenz und jede Menge Charisma. Er spielte den Psychopathen einschüchternd und überzeugend. Nach #7.03 Die Zelle jedoch weiß ich nicht so recht, ob Morgan wirklich der Richtige für diese Rolle ist.

Natürlich konzentriert man sich dieses Mal in erster Linie auf Daryl und im Speziellen auch auf Dwight und Negan hat nur kurze, prägnante Auftritte. In ebendiesen jedoch scheint es, als wüsste Morgan mit dem Charakter nicht sonderlich viel anzufangen. Im Zusammenspiel mit Andrew Lincoln überzeugte er mit Gestik und Mimik, dieses Mal wird nicht klar, wie ein Mann seines Kalibers zu einem dermaßen riesigen "Imperium" kommen konnte.

Es mag an Morgan liegen, der hier vielleicht ein bisschen zu spielerisch an die Figur herangeht, ein wenig zu viel lächelt. Es ist aber vielleicht auch einfach das unzulängliche Drehbuch, das ihn daran hindert, Negan als den gefährlichen Psychopathen zu zeichnen, der in den ersten beiden Folgen mit ihm angedeutet wurde.

Dwight hingegen wird in dieser Episode als zwiegespaltener Charakter porträtiert, der sich des Ausmaßes seiner Rückkehr zu Negan durchaus bewusst ist. Er hat ein Leben in Angst eingetauscht gegen ein Leben in einer Art Sklaverei, in der jeder von Negans Gunst abhängig ist. Entweder man ist für Negan und tut genau das, was er von einem verlangt, egal wie dämlich es ist. Oder aber man ist gegen ihn und landet dann als Zombie vor dem Sanctuary. Die Frage, die sich mir stellt, ist doch im Moment die – egal wen man kennen gelernt hat, ein jeder ordnet sich Negan unter und senkt ehrfürchtig den Kopf, wenn Lucille auch nur ein kleines Stückchen erhebt. Es scheint, als sei niemand mit der "Regentschaft" von Negan zufrieden und doch traut sich keiner, ihm Paroli zu bieten. Warum, das wird nicht ganz klar. Er droht hier munter, gibt einen sexistischen Spruch nach dem anderen zum Besten und macht klar, dass er der große Macker hier ist. Und doch regt sich im Stillen Widerstand. Natürlich nicht wirklich, sondern nur in kleinen Gesten. Dwight beispielsweise. Ich will nicht sagen, dass seine Geschichte ihn sympathischer werden lässt, doch auch er ist eine gequälte Seele, die einfach keine andere Chance hatte, als sich Negan unterzuordnen. Der Moment, als er die Waffe gegen einen Abtrünnigen erhebt und diesen erschießt, da ist es kein Mord, sondern Beihilfe zum Selbstmord für einen Mann, der die Gängelung unter einem psychopathischen Despoten nicht mehr aushält. In diesem einen Moment ist Dwight ein sympathischer Verlierer.

Auch Daryl wird dies im Laufe seiner Gefangenschaft klar. Negan versucht auch ihn zu brechen, indem er ihn nackt in eine dunkle Zelle sperrt, ihn mit Hundefutter-Sandwiches am Verhungern hindert und ihn mit einer Dauerbeschallung eines scheußlich-fröhlichen Lied foltert. Noch jedoch hat Daryl sich noch nicht aufgegeben, auch wenn das Bild, das man ihm von dem toten Glenn in den Raum wirft, vollkommen überwältigt. Ihm ist klar, dass er für den Tod seines Freundes verantwortlich ist, was ihn unglaublich mitnimmt. Er versucht es sich nicht anmerken zu lassen und stark zu sein und ist über weite Strecken wirklich unglaublich willensstark, egal wie sehr man ihn demütigt und quält. Und doch am Ende wird klar, dass auch Daryl am Ende seiner Kräfte ist. Wie lange also wird es dauern, bis er zusammenbricht.

Das interessante an Daryl ist für mich ja immer, dass seine Figur in den Comics nicht existiert. Natürlich hat er hier und da einige Eigenschaften anderer Charaktere übernommen, sein Schicksal jedoch ist im Gegensatz zu anderen vollkommen offen. Was also wird mit ihm passieren? Wird er standhaft bleiben und es schaffen, aus dem Sanctuary zu entfliehen? Oder ordnet er sich Negan unter und wird zu einem Mitglied der Saviours. Beides halte ich für eine durchaus nachvollziehbare Geschichte, wobei die spannendere wirklich wäre, Daryl an der Loyalität zu Rick und den anderen zweifeln zu lassen. Ich glaube jedoch nicht, dass man diesen Übergang glaubhaft inszenieren könnte.

Randnotiz

  • Der Song, der in Dauerbeschallung läuft heißt übrigens Easy Street und stammt von The Collapsable Hearts Club. Falls man man die Lust verspürt, sich (oder andere) damit quälen zu wollen

Fazit

Ich weiß nicht recht, was ich von der Folge halten soll. Daryls Qualen wurden gut eingefangen, Dwight wurde ein Stückchen menschlicher gezeichnet und die Strukturen der Saviour ein klein wenig deutlicher. Und dennoch wirkt die Geschichte, als hätte sie auch in der Hälfte der Zeit erzählt werden können.

Melanie Wolff - myFanbase

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