Bewertung

Review: #3.12 Songbird Road (2)

Foto: Chrissy Metz & Chris Sullivan, This Is Us - Copyright: 2019 Twentieth Century Fox Home Entertainment
Chrissy Metz & Chris Sullivan, This Is Us
© 2019 Twentieth Century Fox Home Entertainment

Die Programmierung des US-Networks NBC war bei dieser zweigeteilten Episode bereits unglücklich und wurde durch die kurzfristig um eine Woche verschobene Rede des US-Präsidenten Donald Trump natürlich auch nicht besser. Damit lagen zwischen der Ausstrahlung von Teil eins und zwei nun also genau drei Wochen, so dass leider auch die volle Wirkung des Zweiteilers ein wenig verloren geht. Für sich allein genommen offenbaren sich nun insbesondere in Teil zwei doch einige Schwächen, die in einem kürzeren Betrachtungszeitraum vielleicht gar nicht so sehr ins Gewicht gefallen wären.

Zunächst einmal war ich jedoch froh, dass die beiden Folgen inhaltlich direkt aneinander anknüpften und wir uns wieder in der Szene befinden, in der die Geschwister Nick mit einer Pistole vor sich auf dem Tisch liegend in seinem Wohnwagen vorfinden. Ihn aus dieser Situation herauszuholen und mit ins Hotel zu nehmen, war in dieser Situation sicherlich mehr als richtig. Doch dann fingen für mich die Probleme an.

Wieso musste man denn unbedingt die Geschwister so schnell wieder voneinander trennen? Kate hatte sich ja schon in Teil eins zunächst geziert und fuhr dann doch noch mit. In diesem Moment wusste sie doch bereits, dass sie aufgrund ihres Arzttermins nicht ausreichend Zeit haben wird. Zumal ihr ja auch die Anstrengung der Reise per Flugzeug und dem anschließenden Roadtrip hätte bewusst sein müssen. Auch Randalls Entschuldigung war mir zu fadenscheinig. Und so konnte ich Kevins Reaktion gut nachvollziehen, als er Randall sein Helfersyndrom in allen möglichen Situationen vorhält, nur um sich nun ausgerechnet in diesem wichtigen Familienmoment aus der Affäre zu ziehen. Das gipfelte dann noch darin, dass man Kate und Randall für den Rest der Folge auch noch eine eigene Handlung spendierte, die lediglich dazu diente, eine Vergangenheitshandlung aufzuzeigen, die man doch sicher gut und gerne auch im Umfeld und Beisein von Nick hätte erzählen können. Dazu aber später noch einmal mehr.

Eine gute Idee war dagegen Rebeccas Sinneswandel, obwohl diese in Teil eins noch das Aufeinandertreffen mit Nick scheute, aber nun immerhin Kevin zur Seite stand. Dennoch empfand ich den Umgang der beiden mit der Situation und vor allem Nick durchaus schwierig. Die Erwartungshaltung, die beide an ihn stellten, ging mir einfach zu weit. Es ist zwar wirklich rührend, wie sehr Kevin sich ins Zeug legt und Recherchen betreibt, wie er seinem Onkel vermeintlich Hilfe zukommen lassen kann. Dennoch ist es aber auch sehr naiv zu glauben, dass ein gemeinsamer Besuch eines Veteranen-Centers die spontane Lösung von Nicks posttraumatischen Belastungsstörungen aufgrund seiner Erlebnisse im Vietnam-Krieg sein wird. Zumal Nick auch wiederholt darauf hinwies, eine solche Einrichtung in der Vergangenheit nicht nur einmal aufgesucht zu haben. Da muss man ihm sogar noch zu Gute halten, dass er Kevin mit seiner Einwilligung einen Gefallen tun wollte. Und gleichzeitig muss ich ihm auch bezüglich seines Gesprächs mit Rebecca recht geben, als er ihr gegenüber äußert, dass er den Eindruck hat, Kevin ginge es bei seinem Hilfeversuch mehr um sich selbst und seinen Einsatz, als tatsächlich um seinen Onkel. Grundsätzlich will ich Kevins Sorge um Nick gar nicht abstreiten, aber die Herangehensweise ist zu einfach und geht zu wenig auf dessen Bedürfnisse und Lebensumstand ein. Daher kann ich auch Rebeccas eingeschnappte Reaktion auf die Äußerungen ihres Schwagers nicht verstehen. Sicher ist sie auch von der ganzen Situation selbst überfordert, aber etwas mehr Einfühlungsvermögen hätte ich mir von ihr schon erwartet. Und wieder ist es Nick, der trotz all seiner persönlichen Probleme mit den Gegebenheiten am besten zurechtkommt und einen Schritt auf Rebecca zugeht. Sowohl seine "Nut und Feder"-Erinnerung in Bezug auf das Baumhaus, als auch seine Aussage "You guys were all he ever wanted" spenden ihr nicht nur Trost, sondern wecken auch positive Erinnerungen, die genau dem Bild von Jack entsprechen, das nicht nur die Familie Pearson, sondern auch wir Zuschauer von ihm kennengelernt haben. Seltsamerweise endet quasi an dieser Stelle die Nick-Geschichte und es bleibt unklar, inwiefern er in Zukunft noch eine weitere Rolle spielen wird. Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass dies sein letzter Auftritt gewesen sein soll.

Rund um diese Gegenwartshandlung erleben wir außerdem Rückblicke auf die Ereignisse am Tag nach dem letzten Aufeinandertreffen von Jack und Nick. Rebeccas Besuch mit Kevin bei der Baseball-Autogrammstunde offenbart, wie sehr sie ihren eigenen Sohn doch unterschätzt hat. Es hat sich ja nun schon wiederholt gezeigt, dass Rebeccas Fokus häufig auf Randall lag und Jack sich zumeist auf Kate konzentrierte. Der beliebte und sportlich erfolgreiche Kevin schien dagegen wenig Probleme zu haben und dadurch litt offenbar aber auch die Aufmerksamkeit der Eltern in Bezug auf ihn. Und auch in der Gegenwart erkennt Rebecca nicht, dass ihr Sohn in tiefen Problemen steckt, wie uns in einem für mich doch schockierenden Rückblick in die jüngste Vergangenheit offenbart wird. In der Szene von Kevin im Wohnwagen hatte ich mich bereits auf das kleine Kästchen auf dem Tisch fokussiert und erwartet, dass er darin noch etwas Wichtiges finden würde, doch stattdessen erwischte es mich eiskalt, als Kevin zur danebenstehenden Flasche griff und sich dem Alkohol hingab. Das hatte ich überhaupt nicht kommen sehen und kann ich mir auch nur damit erklären, dass er sich offenbar an seinem eigenen Vorhaben, die Vergangenheit seines Vaters zu erkunden und nun auch noch den Onkel retten zu wollen, scheitern sah. Als Zuschauer bin ich geneigt zu sagen, wie recht Nick doch mit seiner Aussage behalten sollte, wäre Jack bloß nie nach Vietnam gekommen, um ihn zurückzuholen. Eine tragische Spirale hat sich dabei in Gang gesetzt, die nicht nur Jack stark geprägt hat. Und dabei zieht sich die Alkoholsucht wie ein roter Faden durch die Familie. Angefangen bei Jacks Vater, der Sucht der Brüder aus unterschiedlichen Gründen, bis hin zur dritten Generation in Person von Kevin. Ich kann mir noch gar nicht ausmalen, welche Auswirkungen dieser Rückfall nun haben wird.

Auch Randall und Kate blicken zurück in die Vergangenheit auf den Tag nach dem letzten Aufeinandertreffen der Brüder. Obwohl beide keine Zeit für ihren Onkel hatten, blieb davon nun genug für beide, um ihre alte Straße aufzusuchen und sogar das Innere des an dieser Stelle neu gebauten Hauses zu besichtigen. Das wiederum führte zu einer für mich befremdlichen Situation, in der sich die beiden in dem für sie fremden Haus an Szenen der Vergangenheit erinnerten. Das hätte für mich genauso gut Sinn gemacht, wenn das auf der Straße vor dem Grundstück stattgefunden hätte, aber wahrscheinlich dachten sich die Autoren, dass die Szene damit emotionaler werden würde. Grundsätzlich waren die Szenen von Jack sowie Randall und Kate junior aber schön anzusehen. Für mich allen voran die Szene mit Randall und Jack auf den Stufen vor dem Haus. Randall hatte einfach schon als Kind ein gutes Gespür für die Probleme anderer. Dazu war es durchaus interessant zu sehen, wie unterschiedlich die Erinnerungen der beiden Geschwister an diesen Tag waren. So erinnert sich Kate nicht untypisch mit dem leicht verklärenden Blick auf ihren Vater an den "Pailletten-Kampf", wohingegen Randall einmal mehr die schlechte Stimmung des Vaters und die an die Wand geworfene Pearson-Pizza im Gedächtnis blieb. Und während wir in Teil eins der Doppelfolge noch eine Seite an Jack kennenlernen durfte, die uns bislang eher unbekannt war, so scheint plötzlich wieder alles beim alten zu sein. Auch wenn es Jack einmal nicht gut geht, markiert er den starken Mann und präsentiert sich nach außen als liebevoller Familienmensch. Und so schließt sich der Kreis zu Nicks Aussage. Eine Familie ist das, was Jack immer haben wollte.

Fazit

Irgendwie war die Folge für mich unbefriedigend. Ich weiß nicht genau, was ich von Teil zwei erwartet hatte, aber nicht diesen Ablauf und schon gar nicht dieses Ende. Beth abrupte Abreise am Folgenende lässt vor dem Hintergrund der Ankündigung einer Beth-zentrierten Folge in dieser Staffel die Vermutung aufkommen, dass die kommende Ausgabe die Ereignisse dieses Zweiteiles zunächst einmal nicht weiter fortführen wird. Ein abschließendes Lob an Griffin Dunne soll aber nicht vergessen werden, der den gebrochenen Nick einfach großartig verkörpert.

Jan H. – myFanbase

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