Review: #2.01 Normal ist die Parole
Es geht also doch weiter. Während in den USA noch unklar ist, ob Veronica Mars jemals eine vierte Staffel erhalten wird, und die DVD-Veröffentlichung auf dem europäischen Markt in fast unvorstellbare Ferne rückt, kommt das ZDF als der Retter aller Veronica Mars Fans daher, die nicht (wie ich) gut und gerne 100€ dafür ausgeben wollen, die Folgen immer wieder sehen zu können. Ich muss zugeben, ich war der festen Überzeugung, dass wir Veronica Mars im deutschen Fernsehen nie wieder sehen würden – aber das ZDF (ob aus der Überzeugung, dass sich Qualität in Serienform manchmal eben doch lohnt, auszustrahlen oder aus dem Geiz heraus, dass sie die Rechte eh schon bezahlt haben) hat die richtige Entscheidung getroffen. Über den Sendeplatz lässt sich sicherlich streiten, aber wenn wir mal realistisch sind, ist es der beste Platz, den eine Serie mit solch miesen Quoten ergattern kann. Also: eine Runde Applaus für die tapferen Menschen beim ZDF, die es auf sich nehmen, jede Woche beim Durchstöbern der Einschaltquoten über mindestens eine Zahl zu stolpern, die in den zweistelligen Tausendern liegt.
Ende und Anfang
Aber zur Folge: wie zu erwarten war, setzt sich diese Folge mit dem Nachbeben des (grandiosen!) Finales der letzten Staffel auseinander. Neben dem Cliffhanger, der uns in die fast fünfeinhalbmonatige Sendepause warf, mussten etliche Storylines aufgenommen werden, die es einfach verdienen, weitergesponnen zu werden. Darunter auch Veronicas Liebesleben, dass in dieser Folge alles auf den Kopf stellt, was sich die Fans von LoVe gewünscht haben, und natürlich das soziale Klima in der gesamten Stadt um nur zwei zu nennen, die einem sofort ins Auge springen.
Liebeswandlung
Der größte Schock, den mir diese Folge versetzte, war zu sehen, wie Veronica Duncan in die Arme springt. In der letzten Staffel wurde lange Zeit auf eine Beziehung zwischen Logan und Veronica hingearbeitet. Immer wenn die zwei kurz davor standen zusammenzukommen, rannte Veronica davon. Und als die zwei dann endlich zusammengehörten, endete die Staffel und es wurde alles übersprungen, dass die Beziehung der zwei zeigen könnte. Tja, Rob Thomas scheint die zwei nicht zu mögen.
Aber letztlich muss auch der eingefleischteste LoVe-Anhänger zugeben, dass sich eine Wiedervereinigung von Duncan und Veronica ankündigte. Bereits in den letzten zwei Folgen der ersten Staffel wurde offensichtlich, dass die zwei sich abgöttisch lieben – und da all die kleinen Hindernisse (wie z.B. dass sie Geschwister sein könnten) aus dem Weg geräumt werden konnten, war es eine logische Weiterführung der Storyline. Konsequent, aber nicht hübsch anzusehen.
Interessanter zu sehen ist in dieser Beziehung, wie die zwei Menschen, die hier gut und gerne als "Kollateralschaden" gelten dürfen (Logan und Meg) mit dieser Situation umgehen. Meg war Veronicas einzige "Freundin" aus dem Kreise der erlauchten 09er – die Einzige, der es in den schwierigen Zeiten der letzten Staffel egal war, was über Veronica gedacht wurde. Nun hasst sie sie und man kommt nicht umhin irgendwie zu denken, dass Veronica sie verraten hat. Auch wenn sie versucht mit ihr zu reden, ist Megs Reaktion verständlich.
Klassenkrieg
Was mich jedoch vielmehr faszinierte als die kleinen Liebesspielereien der Veronica Mars, war zu sehen, wie sich die gesamte Stadt Neptune durch Logans angeblichen Mord an Felix veränderte. Schon in der letzten Staffel wurde es eindeutig, dass hier die Superreichen und die Armen aufeinandertreffen und das dies ein zentrales Thema der Serie ist. Durch die Geschehnisse auf der Brücke und Logans anschließenden Freispruch eskaliert die Situation und es wird immer deutlicher, dass man einer Seite angehören muss um in dieser Stadt überhaupt Akzeptanz zu finden. Und so schafft es das Team an Schreiberlingen (diese Schlingel!) trotz Keiths wiederhergestellten Rufes Veronica wieder zwischen den Fronten zu positionieren und sie wieder als Außenseiterin dastehen zu lassen. Sehr gewieft gemacht!
Anfang und Ende
Meines Erachtens nach bricht diese Folgen mittendrin. Sie schließt auf banale Weise die CotW, stoppt alle Bemühungen um die Bereinigung der Auswirkungen der vorherigen Staffel und wirft uns in die neue Staffelhandlung. Diese Staffel beginnt also nicht mit einem Mord sondern mit neun davon. (Wie es Veronica geschafft hat dem Bus fernzubleiben, war ein typisches Serienmanöver und vermag durch die Einbindung Megs eigentlich ganz gut zu überzeugen.) Trotz des spektakulären Endes dieser Folge, das uns sofort in die neue Staffel wirft, bleibt der fade Nachgeschmack des Unerledigten. Ich kann verstehen, dass man eine Staffel bombastisch eröffnen muss um Zuschauer anzuziehen, aber wie diese Folge plötzlich umschlägt, ist einfach... billig. Sie beendet weder die Handlungen der letzten Staffel (und auf das Ende dieser Handlungen dürfen wir auch noch eine Weile warten!), noch schafft sie es, solide eine neue Story zu etablieren.
Fazit
Ein Seasonopener, der es nicht schafft, Vergangenes rund abzuschließen, und trotz einer spektakulären Eröffnung auch den neuen Staffelstrang nicht gekonnt etabliert.
Ich hatte wirklich großen Spaß an den ersten 25 Minuten dieser Folge. Komplexe Stränge wurden gesponnen und Vergangenes vertieft (so z.B. die bestenfalls eisige Freundschaft zwischen Duncan und Logan, die sowohl nachvollziehbare als auch für die Charakterkonstellation tiefgreifende Konsequenz des Finales der ersten Staffel ist). Allein der plötzliche Bruch mit diesen Entwicklungen und die "hier-ist-es" Herangehensweise an die Eröffnung der neuen Staffelhandlung sind wenig überzeugend... fast schon enttäuschend. Vor diesem Bruch wäre eine wirklich hohe Punktzahl drin gewesen, so bleiben nur sechs Punkte übrig.
Martin Schultze - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Normal is the WatchwordErstausstrahlung (US): 28.09.2005
Erstausstrahlung (DE): 20.04.2007
Regie: John T. Kretchmer
Drehbuch: Diane Ruggiero
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