Bewertung

Review: #3.04 Der Hellseher

Foto: David Duchovny & Peter Boyle, Akte X - Copyright: Fox Broadcasting Company
David Duchovny & Peter Boyle, Akte X
© Fox Broadcasting Company

Eine Episode, die uns den Unterschied zwischen echter Begabung und reiner Show klar zu machen versucht sowie einen erneut melancholischen Unterton im Bezug auf die Episodenhauptfigur hat. "Akte X" sucht in den Folgen zwischen den "Rote-Faden-Episoden" die Balance zwischen Übernatürlichem und Emotion.

ASW und PK vs. Show

In der Psychologie und Parapsychologie des 21. Jahrhunderts gibt es tatsächliche Beweise für ASW (=Außersinnliche Wahrnehmung) und PK (=Psychokinese). Anhand der Systemtheorie sowie physikalischen, mathematischen und quantenphysikalischen Modellen lassen sich Phänomene wie die von Clyde Bruckman wissenschaftlich beschreiben und belegen. Man könnte sogar behaupten, dass ASW und PK längst keine übermenschlichen Phänomene mehr sind, wenngleich uns die klassische Schulwissenschaft etwas anderes glauben machen möchte. Fakt ist jedenfalls, dass ASW hin und wieder detaillierte Treffer erzeugt, so wie auch Bruckman manchmal richtige, aber auch manchmal falsche Informationen liefert. Was ihn von Showmenschen unterscheidet, sind die Details. Showmensch Yappi arbeitet mit dem in der Psychologie und in der Therapie bekannten Milton-Talk, der auf den Hypnotiseur Milton Erickson zurückgeht. Dieser Talk hilft in der Therapie Klienten, Auswege aus mentalen Sackgassen zu bekommen und neue Lösungsansätze zu erhalten, zB. wenn ich dir sage, 'dass du in absehbarer Zeit eine Lösung für deine Probleme finden wirst, so wie du es schon so oft in deinem Leben getan hast.' Den Fachbegriff für den Vorgang, der innerhalb des Klienten abläuft, nennt man "transderivationale Suche".

In der Show, in der Politik oder in der Astrologie lässt uns dieser "Talk" im Vagen, das heißt alles kann sein, muss es aber nicht. Wenn ich also behaupte, 'dass du in der nächsten Zeit einer Frau begegnen wirst oder vielleicht auch nicht', werde ich so oder so mit meiner Aussage richtig liegen. Denn entweder triffst du eine Frau oder nicht. Und selbst wenn nicht, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass du irgendwann eine Frau treffen wirst; selbst wenn es eine Verkäuferin in der Bäckerei ist, die du so oder so getroffen hättest. Egal, was also passiert, ich werde Recht behalten und du darfst mich von nun an als Guru verehren. Yappi macht sich dieser Technik und die Naivität der Menschen zu nutzen, um Geld zu verdienen. Bruckman hingegen arbeitet mit Details, auf die man ihn festnageln kann. Kurzum: Yappi ist ein Geschäftsmann, Bruckman hat eine echte Affinität zu ASW. Der "Realismus" in dieser Folge ist sehr hoch und meiner Meinung nach hat die Thematik auch heute noch Relevanz. Zumindest für Mulder, mich und viele Menschen in der Wissenschaft. Mulder kennt den Unterschied zwischen Realität und Fiktion. Genau diesen Unterschied zwischen Yappi und Bruckman erkennt auch Mulder. Während alles und jeder diesem Yappi verfällt, glaubt ausgerechnet Mulder nicht an ihn. Mulder glaubt an Bruckman, an den wiederum sonst keiner glaubt. Damit wird offenkundig, dass Mulder kein Idiot ist. Er ist zwar offen für Paranormales, kann aber besser als jeder andere zwischen Tricks und echtem Paranormalem unterscheiden. Und genau diese Fähigkeit macht ihn zu dem Besten auf seinem Gebiet der X-Akten. Selten wird das so schön kontrastiert wie in dieser Episode.

Traurigkeit trotz Begabung

Leider umgibt wie so oft in "Akte X" die Hauptfigur dieser Episode Clyde Bruckman ein Hauch an Melancholie und Dystopie. Trotz der Tatsache, dass er eine unglaubliche Begabung hat und in die Zukunft sehen kann, verkauft er Lebensversicherungen, was ihm sichtlich keinen Spaß zu machen scheint, und er fristet ein tristes Dasein. Liebe, Sex und zwischenmenschliche Nähe sucht er vergebens. Die Szene mit ihm und Scully, als er ihr seinen Tod prophezeit, ist sehr schön anzusehen und als genau die von ihm beschriebene Situation zum Schluss eintritt, entsteht echtes Gänsehautfeeling. Neben dem Übernatürlichen gibt es also auch einen Schuss Emotion; in dieser Folge gelingt diese Balance meiner Meinung nach gut. Die letztendlichen Motive des Täters sind allerdings schwach und alles andere als interessant. Muss er also tatsächlich 1000 Hellseher töten, nur um herauszufinden, dass er mordlüstern ist? Das kann man besser auflösen, weshalb es die Wertung der ansonsten guten Episode leicht verwässert.

Fazit

Eine spannende Episode, die wie immer das Übernatürliche behandelt und die Episodencharaktere melancholisch, aber glaubhaft inszeniert. Der Unterschied zwischen echtem Übernatürlichem und reiner Show werden sehr gut aufgezeigt und Mulders Gespür dem "Richtigen" zu vertrauen, lassen uns nochmals erkennen, warum er der Beste auf seinem Gebiet ist. Die Motive des Täters hingegen werden unpassend aufgelöst und torpedieren die Bewertung dieser ansonsten sehr guten Folge.

Alexander L. - myFanbase

Die Serie "Akte X - Die unheimlichen Fälle des FBI" ansehen:


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