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Review: #1.16 Trunken am Telefon

Foto: Joel McHale, Community - Copyright: Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved
Joel McHale, Community
© Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved

Wenn in Greendale amouröse Irrungen und Wirrungen auf der Tagesordnung stehen, kann das eigentlich nur eines bedeuten: Es ist Valentinstag. Wenig überraschend ist es Frauenschwarm Jeff, dessen Gefühlschaos das Kernstück der Festtagsepisode #1.16 Trunken am Telefon bildet. Scheint es zunächst so, als wäre in seiner Beziehung mit der attraktiven Statistik-Professorin Michelle Slater alles eitel Wonne, kommen infolge des titelgebenden Telefonanrufs seine alten Gefühle für Britta wieder hoch. Diese Ausgangssituation mag auf den ersten Blick wie ein klassisches Sitcom-Szenario klingen, wird aber dank der großartigen Einstiegsdialoge aus der Feder von Drehbuchautor Chris McKenna auf erstaunlich erfrischende Art und Weise präsentiert. Vom bissigen Seitenhieb auf die Natur des Feiertags ("Valentine's Day ritualizes a connection between affection and candy so girls can learn the ropes of prostitution.") bis hin zur indirekten Kampfansage Slaters an ihre Nebenbuhlerin Britta ("What's the blonde's name? Bitter? Butter? Beetlejuice?") - hier sitzt wirklich jede Textzeile. Zum Verhängnis wird der an sich überzeugenden Folge jedoch im weiteren Verlauf, dass eindeutig zu viel Handlung in die zur Verfügung stehenden 20 Minuten gepackt wird, um das vorhandene Potential der Geschichte tatsächlich voll auszuschöpfen.

Besonders deutlich wird dieses Problem in Hinblick auf Jeffs aufkeimende Zweifel an der Beständigkeit seiner Beziehung mit Slater. Als Zuschauer wird man von dieser Entwicklung völlig überrumpelt, zumal bislang sehr glaubhaft der Eindruck vermittelt worden ist, dass die beiden nicht zuletzt aufgrund des Reizes des Verbotenen kaum die Finger voneinander lassen können. Und nun, gerade einmal zwei Folgen nach dem offiziellen Start ihrer Liaison, ist das Feuer schon wieder erloschen und dem langweiligen Beziehungsalltag gewichen? Zwar wird versucht, diesen sprunghaften Handlungsverlauf durch entsprechende Verweise auf das Off-Screen-Geschehen ("You can't even pick up ice cream for 'Law & Order' night because it feels too marriage-y.") zu rechtfertigen, doch so richtig funktionieren will das nicht. Zum Glück wird abschließend nicht auch noch der Fehler begangen, die Verkettung unglücklicher Umstände, die der verhängnisvolle Anruf Brittas auslöst, als Grund für ein vorzeitiges Ende der Jeff/Slater-Beziehung heranzuziehen. Stattdessen wird Jeff sich bewusst, dass Britta trotz ihrer offensichtlichen Reize eine alles andere als unkomplizierte Alternative zu Slater wäre, wie er mit einer genialen Drei-Satz-Zusammenfassung ihres Naturells auf den Punkt bringt:

1. She wants everyone to be honest but lies to herself.

2. She's seen the world but doesn't get it.

3. She has more fights about stuff that doesn't matter than a YouTube comment section.

Überaus unterhaltsam gestaltet sich parallel zur zentralen Dreiecksgeschichte der Nebenplot rund um Jeff und Abed. Spätestens seit ihrer kurzzeitigen Wohngemeinschaft in #1.08 Picknick unter Sternen ist es schließlich ein offenes Geheimnis, dass das vermeintlich ungleiche Gespann für äußerst amüsante Momente sorgen kann. Auch das solidarische Besäufnis in dieser Episode stellt da keine Ausnahme dar, allein schon wegen der legendären Indoor-Grill-Szene (Geheimrezept: Man spieße ein Würstchen auf, übergieße es mit Hochprozentigem und grille es anschließend mithilfe eines Feuerzeugs). Auf rein inhaltlicher Ebene leidet aber auch dieser Handlungsteil unter dem zu knapp bemessenen Zeitrahmen. Binnen wenigen Minuten erkennt und löst Abed das Problem mit der aus dem Gleichgewicht geratenen Freundschaft zwischen Jeff und Britta, was leider ebenfalls ein wenig gehetzt wirkt. Gerade in Anbetracht der grundsätzlich starken Charakterarbeit, die hier geleistet wird, wäre etwas mehr Tiefgang wünschenswert gewesen. Kein Wunder also, dass der beinahe sechs Minuten längere Director's Cut dieser Folge, der auf der DVD-Box zur 1. Staffel verfügbar ist, einen deutlich stimmigeren Gesamteindruck hinterlässt als die gedrängte TV-Version. Unabhängig davon gilt aber: Abeds schonungslose Ehrlichkeit in Bezug auf seine Mitmenschen ist und bleibt zum Schießen, wie sich hier einmal mehr zeigt.

Abed: "Do you like Britta?"

Jeff: "Sure, who doesn't?"

Abed: "Over half the people that meet her. They can be put off by her vacuous mannequin face and her Jodie Foster severity."

Ein möglicher Ausweg aus der Zeitmisere wäre es sicherlich gewesen, das Randgeplänkel um Troy und Pierce, die mangels Valentinstagsgeschenken von Señor Chang schikaniert werden, einzusparen. Dadurch hätte man zwar auf ein paar gute Lacher verzichten müssen (besonders herrlich: Troy schickt sich selbst eine kleine Aufmerksamkeit mit Verweis auf eine imaginäre Verehrerin, unterschreibt die beiliegende Glückwunschkarte jedoch blöderweise mit "Love, Troy"), doch die gewonnenen Minuten wären an den zuvor genannten Stellen sicherlich besser aufgehoben gewesen. Generell sollten die "Community"-Macher in Zukunft etwas mehr Mut beweisen, wenn es darum geht, einzelne Figuren auf Episodenebene stärker in den Vordergrund zu rücken und den Rest des Ensembles gegebenenfalls außen vor zu lassen. Wenn #1.16 Trunken am Telefon nämlich eines bewiesen hat, dann ist es die Tatsache, dass in puncto Handlungsstränge weniger manchmal eben doch mehr ist bzw. sein könnte.

Willi S. - myFanbase

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