Bewertung

Review: #18.18 Wir sind stärker!

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Dinnerpartys und "Grey's Anatomy" sind eine hervorragende Mischung: Wir bekommen die Charaktere mal in anderen Klamotten als den OP-Kitteln zu sehen, es gibt weniger Patient*innenfälle, die unsere Aufmerksamkeit verlangen, und die Atmosphäre ist gemütlicher, was aber tendenziell zu eher emotionaleren und dramatischeren Momenten führt. Wer bitte schön erinnert sich nicht daran, wie Meredith einst die Stimmung mit einem "Perfect Penny killed my husband" ruinierte oder Jacksons Apartment aus Versehen in Brand steckte? Katastrophen dieser Größe finden in dieser Folge nicht statt, dennoch zählt sie zu den stärkeren dieser eher durchschnittlichen Staffel.

Im Fokus steht hierbei natürlich Nick, der nun seinen offiziellen Einstand im Grey Sloan Memorial bekommt. So wird er von allen Seiten ausgequetscht, weil alle Partygäst*innen herausfinden wollen, ob er die richtige Partie für Meredith darstellt. Nick kann aber scheinbar wieder in jeder Situation brillieren: So unterstützt er Maggie beim Kochen oder kann sein Verhältnis mit einer wieder etwas anstrengenden Bailey kitten, als sie ihre gemeinsame Vorliebe für Scrabble entdecken. Dabei fällt wieder mal auf, wie perfekt der Charakter auf Meredith zugeschnitten zu sein scheint; wirkliche Ecken und Kanten hat man ihm nicht wirklich verpasst, weswegen ich mich immer noch nicht ganz für ihn erwärmen kann. Dennoch muss ich zugeben, dass er auch nicht unsympathisch ist; gerade im Gespräch mit Maggie konnte er durch Sensibilität überzeugen. Die schönste Szene staubt allerdings das Gespräch mit Amelia ab, in welchem erneut das wunderbare, vielschichtige Verhältnis von Amelia und Meredith hervorgehoben wird und demonstriert wird, wie gut die beiden Schwestern sich kennen und lieben. Und Nick nimmt sich Amelias Bedingung, dass Meredith jemanden braucht, für den sie an erster Stelle steht, direkt zu Herzen. So bereitet er einer erschöpften Meredith das perfekte Willkommen, als sie nach Hause kommt, was in einem ersten Liebesgeständnis und einer innigen Umarmung mündet. Meredith kommen sogar dabei die Tränen; sie muss wohl wirklich das gefunden haben, wonach sie lange gesucht hat. Ich bin zwar immer noch nicht der größte Fan dieser Beziehung, aber ich beschließe jetzt einfach mal, mich für Meredith zu freuen und Nick für Staffel 19 eine zweite Chance zu geben.

In meiner letzten Review hatte ich mich wohl zu früh gefreut, denn nach dieser Folge müssen wir uns von der entspannten Amelia verabschieden, es ziehen düstere Wolken am Himmel auf. Kai möchte, trotz eines offensichtlichen Talent als Spielkamerad*in, keine Kinder. Da Kai Amelia keine falschen Hoffnungen machen will, stellt er*sie somit die Zukunft der Beziehung mit Amelia in Frage. Man merkt Kai dabei seine*ihre innere Zerrissenheit an, da Amelia ihm*ihr offenbar viel bedeutet; erneut kann damit die Figur Sympathiepunkte sammeln. Ich glaube auch nicht, wie Owen, dass Kai, ähnlich wie einst Amelia, seine*ihre Meinung ändern wird. Amelia war schon zu den Zeiten, als sie noch keine eigenen Kinder wollte, viel mehr als Tante in ein Leben mit Kindern eingebunden und daher damit bestens vertraut, dies ist bei Kai nicht der Fall. Für Amelia ist das natürlich bitter, dennoch birgt das Ganze eine gewisse Ironie: Wo Amelia es noch vor kurzem war, die sich in der Beziehung mit Link eingesperrt und nicht mehr frei gefühlt hat, ist es nun sie selbst, allein durch ihre Mutterschaft, die ähnliche Gefühle in Kai weckt. Ich habe schon lange vermutet, dass der Beziehung von Kai und Amelia kein allzu langes Haltbarkeitsdatum verpasst wurde; diese Folge bestätigt diesen Eindruck unglücklicherweise.

Allerdings ist es schön mit anzusehen, wie das Verhältnis von Link und Amelia langsam wieder besser und vertrauter wird. Link hinterlässt erneut einen sympathischeren Eindruck und versinkt nicht, wie zuletzt häufig, im Selbstmitleid, sondern setzt sich mit seinen Gefühlen für Jo auseinander, die, wie er gegenüber Teddy zugibt, eher klein sind und nicht häufig auftreten. Ich halte es hier wie Teddy und hoffe auch, dass Link lieber die Klappe hält, bevor er wieder Jo Hoffnungen macht. Teddy darf in dieser Folge generell für Auflockerung sorgen, indem ihr wieder der Running-Gag verpasst wird, dass sie versucht, eine Spaßkanone zu sein, ihr das aber niemand wirklich abnimmt. Ihr verhindertes Stelldichein mit Owen im Auto war dazu eine nette Anspielung an die erste Party in Merediths Haus.

Maggie und Winston dürfen sich wiederum abermals mit dem sehr charmanten und attraktiven Wendell rumschlagen, der die Misskommunikation des strauchelnden Paares ausnutzt und von beiden insgesamt 20.000 Dollar abluchst. Mein lieber Scholly. Ich denke, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass Wendell höchstwahrscheinlich nicht von irgendwelchen ominösen Gangstern verfolgt wurde, sondern nur geschickt Winstons Ängste und Sorgen bedient hat, um das zu bekommen, was er wollte. Echt durchtreiben und sehr geschickt, wie er die beiden hinters Licht geführt hat. Hier ist sicher noch nicht das letzte Wort gesprochen, und es bleibt abzusehen, wie Maggie und Winston aus dieser Krise gehen. Es wird noch eine Weile dauern, bis sie einander wieder hundertprozentig vertrauen können.

Im Krankenhaus geht es hingegen mit Catherines Krebsbehandlung weiter. Während Catherine sich Ablenkung und Ruhe von ihrem Krebs wünscht, ist Richard besessen davon, Wege zu finden, ihr zu helfen und ihr Leben zu retten. Hier hat vor allem der Kontrast mit dem Paar Simon und Kristen aus der letzten Folge funktioniert und es hat mich gefreut, dass ihre Geschichte weitergehen durfte und weiter mit den anderen Figuren verflochten wird. Somit rechne ich auch fest damit, dass dieser Patientenfall uns auch im Staffelfinale begleiten wird und ich bin auf die Auflösung gespannt. Dass Webber durch Kristen die Erkenntnis gewinnen durfte, dass er sich lieber auf sein Glück mit Catherine und die gemeinsamen Momente mit ihr konzentrieren sollte, war nicht wirklich überraschend, dennoch mag ich das verhältnismäßig ruhige und gemächliche Tempo, mit dem dieser Handlungsstrang erzählt wird. Dies wird sich sicherlich noch ändern, dennoch bot diese Folge einige schöne Momentaufnahmen, in denen Catherine ausnahmsweise mal richtig sympathisch und warmherzig wirkte.

An anderer Stelle geht es weitaus bedrückender zu. Das Hassverbrechen, dem eine asiatisch-amerikanische Frau zum Opfer fällt, sorgt abermals dafür, dass Meredith durch Fingerspitzengefühl und politisches Bewusstsein überzeugen kann. Generell wurde der Fall dramaturgisch großartig und berührend aufgebaut, womit unterstrichen wurde, wie wichtig die Thematisierung solcher Verbrechen ist, denen asiatische Bürger*innen, gerade nach Stigmatisierungen während der Pandemie, wieder häufiger zum Opfer fallen. Das Gespräch im OP, in dem Nico, Dr. Lin und Bokhee sich über ihre Erfahrungen austauschen, demonstriert dabei, wie groß die Wut und Frustration von asiatisch-amerikanischen Bürger*innen sein kann, da ihnen stetig gespiegelt wird, fremd zu sein und nicht dazuzugehören. Ein klares Highlight war hier Bokhee mit ihren klaren, weisen Worten, dass sie alle Amerikaner*innen seien sowie der kurze Moment, in dem sich ihre und Merediths Augen trafen. Dennoch fällt es schwer, sich wirklich in die Figuren hineinzuversetzen; weder Dr. Lin oder auch Tseng sind Charaktere, die wir besonders gut kennen und Nico wird meistens eher sogar unsympathisch gezeichnet. Gewissermaßen krankt dieser Handlungsstrang an dem gleichen Problem, das in der Geschichte um Sam Bellos Einwanderungsstatus ebenfalls bestand: Eine unglaublich wichtige und aktuelle Thematik wird berührend dargestellt und kann allein bereits dadurch überzeugen, doch da man die Charaktere, denen dieses Schicksal widerfährt, wenig bis gar nicht kennt, bleibt tiefergehendes Mitgefühl aus. Am ehesten könnte dies noch geändert werden, wenn dieser Handlungsstrang nicht einfach nach dieser Folge fallen gelassen wird, sondern wir noch seine Konsequenzen bei den Figuren zu sehen bekommen. Das größte Potenzial besteht hierbei bei Nico, der am auffälligsten und emotionalsten reagiert und in seiner Wut gegen eine Wand schlägt, woraufhin er von Levi versorgt wird. Ich fände es schön, wenn sich Nico Levi weiter gegenüber öffnen würde; vielleicht würde dies den Startschuss für die Wiedervereinigung dieses Paares setzen.

Fazit

Mit gemächlichen, aber stimmungsvollen Schritten gehen wir dem Finale entgegen, und die Entwicklungen, die sich anbahnen, scheinen durchaus Potenzial zu haben. Viele Figuren müssen Entscheidungen treffen – sei es Amelia über ihre Beziehung, Link über seine Gefühle für Jo, Maggie und Winston, wie sie mit Wendells Betrug umgehen sollen. Ich bin gespannt, wie diese Entscheidungen aussehen werden und hoffe auf ein emotionales Finale, das uns vielleicht die merkwürdigen Abzweigungen, die die 18. Staffel genommen hat, vergessen lässt.

Lux H. - myFanbase

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