Bewertung

Review: #10.17 Weißt du, wer du bist?

Was wäre wenn ... hatten wir schon in der achten Staffel. Diese Folge der zehnten Season stellt eine konkretere Frage, die da lautet: was passiert, wenn Cristina sich für das Leben entscheidet, dass Owen sich mit ihr wünscht, oder wenn sie sich für das Leben entscheidet, dass sie selbst führen will, mit Owen als Nebenfigur? Die Antworten sind eigentlich keine Überraschung, aber sie führen die Gegebenheiten noch einmal besonders drastisch vor Augen. Eine Familie mit Owen zu gründen, würde ihn glücklich machen, Cristina aber nicht. Ein Leben mit Owen zu Cristinas Bedingungen, würde sie sehr zufriedenstellen, Owen aber überhaupt nicht. So schmerzhaft es für viele Fans auch sein mag, so ist diese Folge letztlich nichts anderes als ein Abgesang auf Cristina und Owen als Paar.

Variante 1: Cristina als Mutter und Ehefrau

In der Vergangenheit habe ich mir, wenn es um das Thema Cristina und Kinder ging, immer vorgestellt, dass sie eher eine Mutter wie Ellis Grey wäre, die ihr Kind aus Karrieregründen vernachlässigt und damit emotional schädigt. Nun zeigt sich, oder zumindest denkt Cristina es sich in dieser Weise, dass es umgekehrt liefe und sie so bemüht wäre, ihre Mutterpflichten angemessen zu erfüllen, dass ihre Karriere völlig in den Hintergrund geriete. Letztlich wäre sie dann nur noch diejenige, die einen Harper Avery Award überreichen darf, aber nie diejenige, die ihn gewinnt. Owen wäre überglücklich als Vater, aber Cristina verfiele zunehmend in Depressionen. Wir sehen sie in diesem Zukunftsszenario als eine müde, traurige Frau, die ihre Enttäuschung und Zweifel darüber, eine Familie gegründet zu haben, nur mühsam unterdrücken kann. Meredith bekommt dies als einzige wirklich mit, aber kann auch nichts anderes tun, als Cristina immer wieder dazu aufzufordern, bei der Stange zu bleiben.

Variante 2: Cristina macht Karriere, Owen stürzt ab

Entscheidet sich Cristina dafür, auf lockerer Basis mit Owen zusammenzubleiben, ohne jemals wieder mit ihm zusammenzuleben und eine Familie zu gründen, würde sie, so stellt sie es sich vor, die große Karriere machen, die sie immer wollte, Owen aber fände kein Glück. Seine verzweifelte Liebe zu Cristina und sein unerfüllter Wunsch nach einem Familienleben würden ihn in den physischen und psychischen Ruin treiben. Dieses Zukunftsszenario führt uns vor Augen, wie Owen an Cristinas Seite zerbricht, da er so viele Kompromisse eingehen muss, um weiter mit ihr zusammen sein zu können, dass er nie bekommt, was er eigentlich will. Am Ende verliert Owen alles, einschließlich das Vertrauen seiner Kollegen und Freunde, während Cristina Ruhm und Auszeichnungen erntet.

Variante 1 plus Variante 2 gleich Variante O

Man darf diese beiden Zukunftsszenarien natürlich nicht als in Stein gemeißelt betrachten. Es ist nicht gesagt, dass Owen dermaßen abstürzen würde, wenn er und Cristina locker zusammenblieben, und es ist kein unvermeidlicher Fakt, dass Cristina, sollte sie Owen erneut heiraten und Kinder mit ihm bekommen, irgendwann den Harper Avery Award an Shane übergeben muss, statt ihn selber zu gewinnen, aber diese drastischen Bilder drücken aus, was in Cristina bezüglich Owen vorgeht. Sie weiß, dass einer von ihnen verletzt wird, wenn sie zusammenbleiben. Einer von ihnen bekommt nicht das, was er will, und wird darunter leiden. Wir Zuschauer sind uns dessen auch schon länger bewusst, wenngleich manche das mehr wahrhaben woll(t)en als andere. Für mich war das Kapitel spätestens am Ende der neunten Staffel abgeschlossen, als sich Cristina von Owen getrennt hat, damit er mit einer anderen Frau die Familie gründen kann, die er sich wünscht. Dass die ganze Geschichte in dieser Staffel noch einmal aufgegriffen wurde, hängt wohl wesentlich mit Sandra Ohs angekündigtem Ausstieg zusammen.

Allerdings muss ich dazu sagen, dass man dem Charakter Owen nicht unbedingt einen Gefallen damit getan hat, dass er Emma erst betrog und anschließend fallen ließ wie eine heiße Kartoffel. Cristina ist, was ihre Gefühle angeht, viel klarer und konsequenter als Owen, der immer sehr viel hin - und herschwankt und fast unerfüllbare Ansprüche stellt.

Eine schöne Erkenntnis am Rande ist, dass es in beiden Zukunftsszenarien eine Konstante in Cristinas Leben gab: Meredith. Sie war für Cristina da, egal wie diese sich entschieden hat, und bei allen wichtigen Ereignissen anwesend, ob mit oder ohne Owen. Wenn es überhaupt eine Beziehung gibt, um die ich am Ende dieser Staffel, wenn Cristina Lebewohl sagt, Tränen vergieße werde, dann ist es die Freundschaft von Meredith und Cristina. Die beiden nicht mehr zusammen zu sehen, ist ein echter Verlust, doch darüber schreibe ich ein anderes Mal ausführlicher. Noch haben wir einige Episoden in dieser Staffel vor uns.

Am Ende dieser Folge entscheidet sich Cristina erst einmal für Variante 0. Sie geht nicht zu Owen und vertagt das entscheidende Gespräch mit ihm.

Aber was sollte eigentlich ...

Als einen etwas ominösen Punkt dieser Folge betrachte ich Jacksons Handverletzung, die in beiden Zukunftsszenarien seine chirurgische Laufbahn beendet, aber zu der es in der Realität doch nicht kommt, da Cristina sie verhindert. Welchen Sinn erfüllt dieses Randthema? Soll es uns verdeutlichen, dass ein kleiner Moment, in diesem Fall das Verletzen der Hand aus Unachtsamkeit, dass ganze Leben für immer verändern kann? Soll uns vor Augen geführt werden, wie zerbrechlich die Karriere eines Chirurgen ist? Soll die Tatsache, dass Cristina Jacksons Unfall verhindert, noch einmal herausstellen, dass sie viel konzentrierter und fokussierter ist, wenn sie sich endgültig von Owen löst? Oder darf man am Ende gar nicht so viel hineininterpretieren und muss diese Geschichte einfach als Füllmaterial betrachten, dass dabei hilft, Jackson überhaupt in dieser Folge unterzubringen? Ich wette, Merediths futuristisches Handy könnte diese Frage beantworten, aber um das zu testen, müssen wir noch 15 Jahre warten.

Fazit

Dies ist wieder einmal eine der von mir gerne als Freak-Episoden betitelten Ausflüge in ein etwas anderes Erzählschema. Wenn wir ganz ehrlich sind, bringt uns die Folge keine neuen Erkenntnisse, aber da Cristina und Owen das vermutlich zweitbeliebteste Paar von "Grey's Anatomy" nach Meredith und Derek sind, ist es nicht unverständlich, dass den beiden noch einmal eine ganze Folge gewidmet wird. Zudem wird es nicht mehr allzu viele Chancen für eine aus Cristinas Sicht erzählte Folge geben, also warum die nicht nutzen?

Maret Hosemann - myFanbase

Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:


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