Bewertung

Review: #3.21 Zuflucht

Foto: Milo Ventimiglia, Heroes - Copyright: 2010 Universal Pictures
Milo Ventimiglia, Heroes
© 2010 Universal Pictures

Fast die gesamte dritte Staffel lang hat man einen großen Fehler begangen: Man hat die Charaktere dem Plot angepasst. Mit dieser Episode dreht man den Spieß um: Man hat den Plot den Charakteren angepasst. Und siehe da, #3.21 Zuflucht markiert das große Comeback für mehrere Hauptcharaktere und schafft es, wenn auch etwas holprig, dem Zuschauer die Helden wiederzugeben, die er einst so lieb gewonnen hatte.

"I'm afraid that unconditional love isn't really love at all."

#3.21 ist ganz klar eine Füllerepisode, die mehrere Hebel in Gang setzt, um auf das Finale vorzubereiten. Einer dieser Hebel ist Angela, die sich mit Peter aussöhnt. Die Kirche als Schauplatz der Versöhnung zwischen Mutter und Sohn, und der gleichzeitigen Suche nach Antworten, ist dafür perfekt geeignet. Der Ort ist nicht nur sehr atmosphärisch, sondern bringt auch wieder das religiös-mystische Element in die Serie mit ein, das bereits in Staffel 1 wunderbar gepasst hat.

Rose und Ventimiglia spielen ihre Rollen großartig. Von Rose sind wir das ja gewohnt, aber auch Ventimiglia dreht endlich wieder auf. Die Dialoge zwischen Angela und Peter sind tiefgründig und inspiriert, und die Mutter-Sohn-Chemie ist überragend, nicht nur aufgrund der unglaublichen optischen Ähnlichkeit zwischen den Schauspielern. Gerade Angelas Verzweiflung und Erschlagenheit ist förmlich greifbar. Aber auch Peters Innenleben ist nach langer Zeit endlich wieder nachvollziehbar: Sein Monolog in der Kirche ist zwar etwas sehr dick aufgetragen, aber Ventimiglia macht was aus seinen Zeilen. Da kann man auch drüber hinwegsehen, dass hier wirklich mit der Brechstange vorgegangen wird, um Peters Gefühle dem Zuschauer näher zu bringen.

Das Highlight in dieser Storyline ist ganz klar Angelas Geständnis im Beichtstuhl: Es ist dramatisch, bezeichnend, definierend. Es legt uns dar, was für eine Person Angela ist und wie stark ihre Fähigkeiten ihr Leben beeinflusst haben. Es erklärt uns, dass Angela zwar ihre Taten bereut, ihre Motive aber nicht: Sie hat alle Moral über Bord geworfen mit dem Ziel, die Welt zu retten – ein Topos, der uns nachher bei Danko und Sylar wieder begegnen wird.

"You're supposed to be Superman."

Parallel zur Mutter-Sohn-Storyline mit Angela und Peter gibt es auch eine schöne Entwicklung in der Vater-Tochter-Beziehung zwischen Nathan und Claire. Dass die beiden kurzerhand nach Mexiko geflogen sind, ist logisch. Dass sich Claire auf dem Weg dorthin neue Klamotten UND eine neue Frisur zugelegt hat allerdings nicht.

Obwohl man Nathan in dieser Staffel komplett verhunzt hat, kann man nicht anders, als ihm wieder Sympathiepunkte zuzuschreiben. Dies ist Adrian Pasdar zu verdanken, der einfach die Verkörperung von Coolness ist, und als tequilasaufender Politiker-Papa äußerst amüsant ist. Wirklich aufschlussreich oder weltbewegend ist sein Trinkgelage mit den Collegejungs natürlich nicht, aber die ganze Aktion ist auch nur Mittel zum Zweck: Ähnlich wie bei Peter serviert man uns Nathans Gefühlsleben quasi auf dem Tablett und lässt ihn betrunken seinen Seelenzustand darlegen. Und Pasdar macht das so gut, dass man es Nathan fast abkauft, dass seine Idee, alle Heroes einzubuchten, nur gut gemeint war. Aber nur fast.

Nichtsdestotrotz haben gerade die letzten Szenen mit Nathan und Claire ihren Reiz. Hayden Panettieres Heulen-auf-Knopfdruck wird zwar immer anstrengender, aber die Tränen waren diesmal sogar angebracht. Die emotionalen Momente sind wirksam, da man auf der einen Seite Claires Enttäuschung, auf der anderen Seite Nathans Lethargie verstehen kann. Umso schöner ist es, dass Nathan sich letztlich für das Richtige entscheidet.

"Let's just say you fascinate me."

Neben den zwei emotionsgeladenen Storylines sorgt aber vor allem die Geschichte rund um Danko und Sylar für fantastische Momente. Die Kombination ist einfach bizarr. Anfangs denkt man, es sei verrückt, dass jemand wie Danko mit jemandem wie Sylar zusammenarbeitet. Doch dann ist Dankos Ausweglosigkeit so nachvollziehbar, dass man es einfach abkaufen muss. Danko ist am Ende. Seine Männer sterben, seine Nerven sind blank, er braucht einen Gewinn. Und so wirft er seine Grundsätze über Bord und geht einen Pakt mit dem Teufel ein.

Danko wird in dieser Folge endlich geformt und kann sich aus der Eindimensionalität befreien: die klassische Musik, der Hang zur Zigarettensucht und die Verzweiflungstat, mit Sylar zusammen zu arbeiten, all das passt. Genauso logisch ist es, dass Sylar mit Danko kollaborieren will. Nach dem Treffen mit seinem Vater scheint Sylar nun zu wissen, was er will, nämlich Macht. Und im Kopf des "Heroes"-Fans manifestieren sich drei Worte eines Episodentitels: #1.20 Fünf Jahre später – die großartige Folge, in der wir Sylar als Präsident der USA gesehen haben. Nun da Sylar ein Formwandler ist, ist der Gedanke nicht abwegig, dass sich die Serie in diese Richtung bewegen könnte.

Die Idee eines Formwandlers ist natürlich nicht die Erfindung des Rads, aber sie ist gelungen umgesetzt worden. Die Zusammenarbeit zwischen Danko und Sylar führt zu Situationen, die befremdend wie brillant sind. Die Leistung der beiden Schauspieler ist beispiellos. Und die Dialoge sind intelligent und spritzig. Die Krönung bildet natürlich Dankos und Sylars Besuch im Nachtclub – das ist so verstörend, das es schon wieder genial ist. Am bizarrsten ist aber, dass Sylar regelrecht Spaß an der ganzen Sache hat. Er amüsiert sich über Dankos Verblüffung und genießt es, ihn zu belehren. Und wie Zachary Quinto diesen Machthunger in Sylars Gesicht zum Ausdruck bringt, als er sich die Fähigkeiten des Formwandlers aneignet, spricht einfach für das Talent dieses Mannes. Ein unwahrscheinlich morbides Szenario.

"If we do this, if we succeed... you'll be the only one left." – "Funny how that works."

Es wurden also mehrere Hebel in Gang gesetzt. Angela und Peter haben sich vertragen und machen sich auf zu Tante Petrelli; Nathan und Claire haben sich vertragen und machen sich auf nach Hause; und Sylar ist nun offiziell tot. Trotz des eher langsamen Erzähltempos kann die Episode daher stark punkten, denn sie bereitet die finalen Folgen nicht nur gelungen vor, sondern holt auch zwei zentrale Charaktere ins Leben zurück: Peter und Nathan. Die Weichen für ein großes Staffel- und Volumefinale sind damit gestellt.

Maria Gruber - myFanbase

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