Bewertung

Review: #4.13 Rettungsanker

Der Humor in "Seattle Firefighters - Die jungen Helden" ist oft speziell, gerade wenn es in die eigentliche Arbeit als Feuerwehrleute hineinfließt, wo eher der Ernst der Lage gefragt ist. Aber die charmante Beziehung zwischen Victoria "Vic" Hughes und Travis Montgomery als beste Freunde ist eine von wenigen zu nennenden Ausnahmen, die man eben doch gerne zu sehen bekommt. Insgesamt würde ich daher Episoden wie die aktuelle, wo Humor nahezu überhaupt nicht zu finden ist, jedes Mal bevorzugen. Dazu gibt es nur einen zentralen Handlungsstrang und zwei eingewobene Rückblicke, was viel Raum für Charakterentwicklungen gibt. Dies kann man definitiv als Erfolgsrezept im Hinterkopf behalten.

Mein lieber Ben Warren war in dieser Staffel lange hintenan und nur als Ratgeber und Papabär gefragt, aber mit den Andeutungen zu einer möglichen Krankheit war schon zu ahnen, dass der Staffelausklang ihm gehören würde. Und tatsächlich kommt diesmal viel auf den Tisch. Auf der anderen Seite haben wir Dean Miller, der in dieser Staffel mit seinem Kampf gegen die Polizeibrutalität schon ein wahres Pfund auf den Leib geschrieben bekommen hat, was ihm auch gut gestanden hat, dafür ist seine Seite als Vater oft etwas zu kurz gekommen. Diesmal wurde ein Weg gefunden, beide Themen auf den Tisch zu bringen. Ob die Paarung von Ben und Dean jetzt mein Wunsch gewesen wären? Wahrscheinlich nicht intuitiv, aber ich finde, dass doch das Beste aus ihrem Duo rausgeholt wurde.

Ben hat also Hodenkrebs. Ich hatte mir zwar schon gedacht, dass es in diese Richtung gehen würde, weil es bei Feuerwehrleuten sicherlich auf der Hand liegt, aber es hat dennoch eine Tragik, dass es dieselbe Krebsart wie bei Pruitt Herrera ist, die dieser nicht besiegen konnte. Auch wenn Ben noch nicht ganz an dem Punkt ist, aber ich denke, dass er es bald an den Punkt schafft, das 'Erbe' dieser Krankheit als Motivation sieht, den Krebs nicht nur für sich und seine Familie, sondern vor allem auch für Pruitt zu besiegen. So makaber es in solchen Reviews immer klingt, aber das Schreiben von Krankheiten ist eben eine Plattform für großartige innige Momente und diesmal bekommen wir ganz viel Ben und Dr. Miranda Bailey präsentiert. Das war in dieser Season weder bei "Seattle Firefighters" noch bei "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" drin, weswegen es definitiv eine Entschädigung ist, da die beiden meiner Meinung nach einer der besten, weil auch stabilste, Beziehung in diesem Universum führen. Das wurde mal wieder unterstrichen, erst mit fein dosiertem Humor, der nun einmal die Dynamik zwischen den beiden trägt, und später mit herben Verlustängsten, weil gerade Miranda in diesem Pandemie-Jahr schon viel verloren hat, wo sich das Schicksal ihres Mannes nicht mal so eben tragen lässt.

Das ist also Bens Ausgangslage, wogegen die von Dean fast eher banal wirkt, denn nachdem er mit seinen Eltern wieder im intensiven Austausch ist (was wir aber tatsächlich in dieser Episode zum ersten Mal präsentiert bekommen), kommen auch noch unerwartet JJs Eltern zurück. Das Auftauchen von Petra und Henry Lau hat mich tatsächlich überrascht, auch wenn es natürlich nicht unlogisch war, denn warum sollte JJ nicht zwei Elternteile haben, die Prue auch gerne mal kennenlernen würde? Und dennoch ist das sicherlich nicht mit Enthusiasmus zu betrachten, denn eine gewisse Bedrohung geht schon von ihnen aus. Sie sind definitiv als nette Leute eingeführt worden, wogegen dann vor allem Ifeya Miller schnell sehr eifersüchtig und kleingeistig wirkte. Moment, kurzer Einschub: wie kann die Frau sich diese Gefühle erlauben, wenn sie doch selbst monatelang ihren Sohn und ihr Enkelkind im Stich gelassen hat??? Aber dennoch werden Petra und Henry als sehr reich und dementsprechend einflussreich inszeniert und wie weit wollen sie diesen Einfluss wohl reichen lassen? Lassen sie ihr Enkelkind gerne bei einem sich ständig in Lebensgefahr befindenden Feuerwehrmann leben, der auch noch auf einem Hausboot lebt? Noch mögen sie sich als Kämpfer an seiner Seite gegeben haben, aber wer weiß, zu welchen Mitteln sie nicht vielleicht doch greifen, weil sie das vermeintlich Beste für Prue wollen. Ich fand die Rückblenden bei Dean schon deutlich anstrengender, zumal die Zukunft hier wieder unnötiges Drama verspricht, aber sie waren auch für seine Geschichte in der Gegenwart eine wichtige Vorbereitung.

Denn die eigentliche Handlung für Ben und Dean ist mit einem Überlebenskampf verbunden, den beide wohl so nicht erwartet hätten. Ben hat seinen Krebs vor Augen und beiden stürzen sich regelmäßig in brennende Gebäude und dann geraten sie ausgerechnet auf einem eigentlich entspannt gedachten Bankett für schwarze Feuerwehrleute in Lebensgefahr. Natürlich war klar, dass irgendetwas passieren würde, aber ich war doch überrascht, dass die Handlung mit einem medizinischen Notfall bei Battalion Chief Gregory in Gang gesetzt wurde. Um den Mann ist es wahrlich nicht schade. Er ist zwar kein Antagonist von einem Format von Michael Dixon, aber ein Verbündeter war er auch nicht wirklich. Dennoch hätte ich nicht damit gerechnet, dass seine Figur geopfert wird. Als er angesichts von Herzproblemen über die Balustrade stürzt, zögert Dean als Augenzeuge keinen Moment, ihm ohne Alarm oder sonstige Sicherheiten hinterherzuspringen, was so Dean ist, dass es wirklich perfekt passte. Ben versucht da schon mehr, indem er laut ruft und sich Schwimmwesten schnappt und dennoch springt auch er letztlich hinterher, obwohl niemand etwas mitbekommen hat. So haben es die beiden schnell mit einer Leiche zu tun, denn Gregory war nicht mehr zu retten, und keinerlei Hilfe in Sicht.

Ich hätte mir diesen Überlebenskampf tatsächlich etwas spannender inszeniert gewünscht, denn im Grunde konnten Ben und Dean nur abwarten und angesichts von zunehmenden Panikwellen, dass sie sterben werden, miteinander sprechen, um sich gegenseitig runterzuholen. Natürlich haben mir die Gespräche gefallen, weil sie tief gingen, dorthin, wo es berührt, aber vielleicht hätte eine Mischung aus Action und Tiefsinn statt Tiefsinn und Rückblenden besser gepasst. Aber so wurde es eben diese Mischung und auch wenn es idealer hätte sein können, war es dennoch sehr unterhaltsam. Dean hatte sicherlich am meisten zu kämpfen, er ist auch der Jüngere, aber er ist auch der Impulsivere, der nicht bereits vorher zig Eventualitäten durchspielt und dann irgendwann in sich ruhen kann. Stattdessen gerät er in eine Gefahrensituation und merkt erst dann, was eigentlich los ist. Dementsprechend könnten er und Ben natürlich nicht unterschiedlicher sein. Genau deswegen wurden sie in diese Situation wohl zusammengesteckt, da sie sich ergänzt haben. Dean ist also vor allem von den Gedanken um Prue gequält. Zwar hat er durch ein Testament für sie gesorgt, aber ausgerechnet der Mann, der sich mit ihm im Wasser befindet und zusätzlich auch noch eine Krebsdiagnose bekommen hat, wurde als Vormundschaft benannt. Ja, da kann man schon mal panisch werden. Hier war die ruhende Hand von Ben wirklich oft nötig, denn es stimmt: Dean ist ein Alleinunterhalter. Er ist von seinen Eltern so streng erzogen worden, dass er unbedingt etwas aus sich machen muss, damit er nicht den Vorurteilen gegenüber seiner afrikanischen Herkunft gerecht wird. Aber er muss sich durch all das nicht alleine durchkämpfen, denn er hat eine Familie und sogar eine sehr große, denn die gesamte Wache gehört dazu.

Aber auch ein weiteres Thema kommt auf den Tisch, was natürlich nicht unerwartet kam. Gleichzeitig verteufle ich es doch, dass es ausgerechnet jetzt wieder aktuell wird. Dean gesteht seine Gefühle für Vic ein, denn er hasst den Gedanken zu sterben, ohne es ihr gestanden zu haben. Für Ben kommt diese Nachricht überraschend, für uns Zuschauer*innen natürlich nicht, aber ich sehe uns eventuell ein Liebesdreieck drohen, bei dem es kein richtig oder falsch geben kann. Meine Liebe für Theo Ruiz habe ich in den letzten Wochen oft genug kundgetan, denn er ist keine Figur, die nur als Übergang eingeführt wurde, stattdessen hatte er auch noch Verbindungen zu Michael und Travis und hat eine Chemie mit Vic, die wahnsinnig ist. Aber klar, Deans Gefühle für sie waren zuerst da und sie sind unfassbar süß zusammen. Oh man… Auch wenn Dean und Vic logischer erscheinen, würde es mir doch das Herz brechen, wenn es das Aus für Theo aus der Serie bedeuten würde. Am Ende der Episode ist Vic an Deans Seite. Er bringt sein Liebesgeständnis zwar noch nicht raus, aber mich würde es nicht wundern, wenn er jetzt den letzten Stoß bekommen hat, diese mögliche Chance auf ein Liebesglück weiter ungenutzt zu lassen. Dementsprechend schaue ich mit etwas Bauchgrummeln auf die nächsten Wochen.

Bei Ben wiederum spielt die Motivation eine Rolle, sich der OP endlich zu stellen. Ich denke, dass noch etwas besser hätte deutlich werden können, was genau seine Ängste sind, denn durch die Rückblenden war schon zu Genüge thematisiert, wofür er zu kämpfen hat. Aber egal, wie man es wendet und dreht, die beiden Männer hatten sich jeweils das richtige zu sagen und waren damit füreinander die richtigen Wegbegleiter zum nötigen Zeitpunkt. Deswegen fand ich die Symbolik mit den sich festhaltenden Seeottern auch ein wirklich schönes Bild, das an Land, wo sie längst gerettet sind, sogar noch mehr Wirkung entfaltet hat. Dieses Erlebnis hat zwei Männer auf einer Ebene miteinander verschweißt, die nicht zu imitieren oder zu brechen sein wird. Deswegen bin ich bei den beiden für die Zukunft positiv gespannt.

Fazit

"Seattle Firefighters" wird gerne inhaltlich sehr vollgepackt, aber diese Episode hat bewiesen, dass der Standard gerne öfters ausgehebelt werden darf, denn diese auf Ben und Dean fokussierte Episode wusste sehr zu unterhalten und zu berühren. Etwas mehr Spannung wäre sicherlich nicht schlecht gewesen, aber so war das Gewicht alleine auf der Charakterentwicklung, was beiden Männern in der Außendarstellung sehr gut getan hat. Nun wird es spannend, wie sich Ben seiner OP stellt und ob Dean seine Gefühle öffentlich macht.

Lena Donth – myFanbase

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