Bewertung

Review: #4.15 Sagt ihren Namen

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Im Verlauf der aktuellen Staffel von "Seattle Firefighters - Die jungen Helden" dürfte aufgefallen sein, dass ein häufig auftauchender Kritikpunkt ist, dass sich einige Handlungsstränge sehr in die Länge ziehen und in einzelnen Episoden kaum vorwärts kommen. Dazu gehörte auch das Einführen von Victoria "Vic" Hughes' Eltern, Anthony und Lenya Hughes, die immer mal wieder thematisiert wurden. Der Vater war dann vor einigen Episoden erstmals zu sehen und es wurde deutlich, dass dort zwischen Vater und Tochter ein angespanntes Verhältnis vorherrscht. Diesmal tauchte nun auch die Mutter auf und der Familienkonflikt wird in den Fokus der Episode gerückt. Wie schön, dass sich das Warten hierauf tatsächlich gelohnt hat.

In #3.09 Auf verlorenem Posten sind wir erstmals in Vics Lebenswelt vor der Feuerwehr aufgetaucht und dort wurde schnell klar, dass sich bei ihr alles nur um ihre Großmutter Marion drehte, da ihre Eltern mit ihrem Restaurant stets vollauf beschäftigt waren. Das Restaurant, das gemäß der Herkunft der Mutter polnische Spezialitäten führt, ist in dieser Staffel immer präsenter geworden, auch weil es als Metapher genutzt wurde, warum Vic sich von ihren Eltern so zurückgesetzt gefühlt hat. Als nun der Einsatz gemeldet wird und sie die Adresse des Restaurants erfährt, ist Vics Sorge natürlich riesig, aber gemäß ihrer Empathie auch dahingehend, dass sie weiß, was der Verlust des Restaurants für ihre Eltern bedeuten würde. Deswegen nennt sie es gegenüber Travis Montgomery auch die ältere Schwester, gegen die sie nie angekommen ist. Es ist ein wirklich trauriges Bild, das hier mit wenigen Worten gezeichnet wird und man kann nur Mitgefühl mit der kleinen Vic haben, die unter dieser Vernachlässigung noch heute leidet. Dementsprechend stand sie am Einsatzort auch völlig neben sich. Zwar sind ihre Eltern nahezu schon durch Theo Ruiz und seine Einheit gerettet gewesen, doch damit ist das Leid eben noch nicht vorbei, denn das Restaurant, die große Schwester, steht immer noch in Flammen.

Für Vic war es in den letzten Wochen wahrlich keine einfache Zeit. Neben der unglücklichen Liebe zu Theo, der Sorge um Dean Millers Leben und den entsetzlichen Verbrechen gegen schwarze Menschen, wobei diesmal auch noch das Schicksal von Breonna Taylor aufgegriffen wird, hat sie keine Minute mehr, in der sie keine Angst verspüren muss. Vic ist ohne Frage die gute Seele von Station 19, die mit irgendeinem schnorrigen Kommentar ein Lächeln bei den Kollegen aufs Gesicht gezaubert hat, aber all das ist ihr immer mehr abhandengekommen und schon vor dem Brand hat man ihr ihre emotionale Leere deutlich angemerkt. Deswegen war der Brand nun nur noch das I-Tüpfelchen auf ihren belasteten Schultern, die vollends zusammensacken musste. Als das Feuer nämlich endlich gelöscht ist, ignorieren Anthony und Lenya jeglichen Rat und gehen sofort ins Restaurant, um mit den Aufräumarbeiten zu beginnen. Wen hat es da schon gewundert, dass alles aus Vic herausbricht, was sich zuletzt angestaut hat? Ich habe ehrlich gedacht, dass es auch nicht mehr gelingen würde, Anthony und Lenya in ein besseres Licht zu rücken, aber die Episode hat mich eines besseren belehrt, denn es wurde aufgezeigt, dass jede Geschichte zwei Seiten der Medaille aufweist.

Ich fand es hervorragend, dass die heimliche Heldin dieser Episode ausgerechnet Lenya ist, die hier ihren ersten Auftritt überhaupt hat. Durch ihre bisherige physische Abwesenheit, aber doch ständige Präsenz war sie sicherlich diejenige, die in den Augen der Zuschauer*innen schlechter rübergekommen ist. Aber als sie nach und nach offenlegt, dass sie einige Geheimnisse vor Vic hatte, um sie zu schützen und dass das Restaurant nur so eine wichtige Bedeutung für die Hughes einnimmt, um Vic ein besseres Leben zu bieten, da konnte kein Auge mehr trocken bleiben, denn ohne Frage wurden wir hier Zeugen einer reinen Mutterliebe. Großartig war auch Lenyas Monolog darüber, dass sie sehr wohl weiß, was es bedeutet, die Mutter einer schwarzen Frau zu sein, wenn sie schon nicht selbst eine schwarze Frau ist. Es hat noch einmal einen anderen Blickwinkel auf die Rassenthematik gegeben, um den Diskurs weiterhin zu ergänzen und dieser konnte definitiv emotional überzeugen. Aber es wurde noch besser. Wem zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht klar war, dass die Hughes keine plumpen Rabeneltern sind, der sei auf das geniale Interview verwiesen, das sie unbedingt nach dem Feuer geben. Denn in den USA waren die Demonstrationen, die teilweise zu Verwüstungen geführt haben, ein sehr hitzig geführtes Thema und ausgerechnet die beiden Restaurantbesitzer, die vor den Trümmern ihres Lebens stehen, erwidern auf die gestellten Fragen "Lasst es brennen!". Spätestens hier dürfte dann jeder begriffen haben, dass das Restaurant keinesfalls die Nummer 1 ist. Auch das Aufzählen der Namen von Leuten, die Opfer von rassistischen Verbrechen waren und später das Zerschlagen von Geschirr zum Gedenken all derer, das waren viele starke Botschaften und Bilder, die die Hughes in Gänze ziemlich leicht an die Spitze der aktuell beliebtesten "Seattle Firefighters"-Familie katapultieren. Hier ist wahrlich ein sehr rundes Bild gezeichnet worden.

Eng verknüpft mit Vics Geschichte waren auch die Männer in ihrem Leben. Wir haben zum einen Dean, der sich absolut anbetungswürdig um die Hughes-Eltern kümmert, als er merkt, wie sehr Vic neben sich steht. Wir haben Theo, der zwar zuletzt nicht mehr mit Vic geredet hat, aber der immer als Stammgast des Restaurants inszeniert wurde und sich daher wahrscheinlich in den Einsatz gestürzt hat, als wäre es seine eigene Familie, um die es ginge. Und dann haben wir natürlich noch Travis, dessen Freundschaft zu Vic stabiler denn je ist und der genau den Halt darstellt, den sie am meisten braucht. Dies animiert ihn angesichts der Theo-Thematik auch zu einem deutlich selbstloseren Verhalten, denn er erkennt, welchen Effekt 'der Mörder' seines Mannes auf seine beste Freundin hat und stellt seine eigenen Motive hintenan, um mit ihm Hand in Hand bei den Aufräumarbeiten des Restaurants zu helfen. Das war den Schritt, den ich mir von Travis so sehr gewünscht habe und damit gleichzeitig auch ein weiterer Beleg ist, dass er in seiner Trauerverarbeitung wirklich einen entscheidenden Schritt weitergekommen ist. Er und Theo werden gewiss nicht mal eben wieder zu ihrer Beziehung als Freunde zurückkehren können, aber er erkennt an, dass dieser selbst ein Leid zu verarbeiten hat und dass Theo für Vic eine besondere Bedeutung hat. Diese ganzen kleinen Szenen haben den ohnehin schon starken Eindruck nur noch mehr bekräftigt.

Mit unseren Figuren muss ich wieder etwas kritischer umgehen, denn hier haben wir wieder ein wenig die Tendenz des Verharrens auf der Stelle. Jack Gibson spricht gegenüber Andy Herrera an, warum er sich gerade in der Beziehung zu Inara nicht wohlfühlt. Dass er die Kleinfamilie nur im Krisenmodus kennt, ist wahrscheinlich deutlich übertrieben und ich finde es auch nicht logisch, weil wir wissen, dass Jack sich in Therapie befindet. Mit diesen Gedanken trägt er sich nun schon länger herum, aber in der Begründung sind sie vermutlich noch genauso absurd, wie als er sich zum ersten Mal nicht mehr glücklich empfand. Aber dieses Eingeständnis bestätigt mir im Grunde, dass wir von Inara und Co wahrscheinlich in der neuen Staffel nichts mehr erleben werden. Ist es darum wirklich schade? Nein, eigentlich nicht, aber ich fände es schade, wenn Jack hiernach sich wieder in instabilen Beziehungen verliert, denn er braucht definitiv das Gegenteil.

Bei Dean haben wir natürlich immer noch das Thema präsent, dass er das SPD verklagt hat. Hier wurde durch die Szenen während des Einsatzes bewiesen, dass zwischen den beiden Behörden einiges im Argen liegt. Es ist schon ein entsetzlicher Gedanke, dass das SPD nahezu geschlossen einen Aufstand dagegen betreibt und dass sie im Gegenzug die Einsätze von Station 19 nicht mehr ordnungsgemäß sichern. Aber absurd ist diese Darstellung leider gar nicht. Wenigstens hat eine Polizistin eine gute Figur abgeben dürfen, aber diese sind wohl in der Unterzahl. Ich könnte mir aber vorstellen, dass das Thema generell im kommenden Staffelfinale seinen Höhepunkt finden wird. Aber wie soll es eine Lösung für einen Konflikt geben, der gar nicht aufzulösen ist?

In meiner Review zu #4.11 Here It Comes Again habe ich erstmals vermutet, dass Andy schwanger sein könnte. Anschließend wurden keine Hinweise mehr platziert. Doch diesmal erleben wir sie wieder mehrfach essend, was die Theorie definitiv wieder auf den Tisch bringt. Zumal man auch deutlich merkt, dass hier zwischen ihr und Robert Sullivan auf etwas hingearbeitet wird. Während sie die Ausgeburt von Freude und Hunger war, hat er den Grumpy Cat geben dürfen, wo bestimmt auch noch mehr dahintersteckt. Zuletzt wird dann auch noch auf eine Hochzeit hingearbeitet, denn Carina DeLuca weilt gerade noch in Italien, da das Hochzeitsvisum erst nach vier Wochen ausgestellt werden kann. Während Maya Bishop befürchtet, dass es keine große Feier geben wird, weil ihre Verlobte schon zur Hochzeit hin erst kräftig überzeugt werden musste, hat Dean zum Abschluss ganz recht, dass sie eine große Feier brauchen, weil die Wache mal wieder einen Grund zur Freude braucht. Es war wirklich eine schwermütige Staffel mit wenigen freudigen Höhepunkten, weswegen ich es mir schön ausmale, wenn wir im Finale auf einer optimistischen Grundnote enden könnten.

Fazit

Vor dem Staffelfinale nehmen sich Serien gerne schon mal eine Auszeit, aber das ist bei "Seattle Firefighters" wahrlich nicht zu behaupten. In den Nebenhandlungen mag ausschließlich auf die kommende Woche hingearbeitet werden, aber bei Vic und ihrer Familie haben wir eine sehr konzentriert erzählte Handlung, die im Kern emotional ist und eine wichtige Botschaft vermittelt. Eingerahmt wurde das Ganze durch bedeutsame kleine Szenen, die mich zusätzlich noch sehr glücklich gemacht haben. Das ermöglicht einen wirklich hoffnungsvollen Blick auf das Staffelfinale.

Lena Donth – myFanbase

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