Bewertung

Review: #9.13 Stille Wasser

Hailey Uptons 10-jähriges Dienstjubiläum ist zwar kein Jubiläum für "Chicago P.D." an sich, zumal wir sie als Hauptfigur erst seit Staffel 5 kennen, aber dennoch fand ich, dass es ganz wunderbar gelungen ist, den Anschein von etwas wirklich Besonderem zu kreieren, so dass eine grandiose Folge entstanden ist. Erfahrt hier, was alles so überzeugend gelungen ist.

In einer Episode, in der so vieles gestimmt hat, fällt es mir schon fast schwer, für mich sortiert zu bekommen, womit ich am besten als Erstes anfange. Zunächst hat mir aber auf jeden Fall gefallen, dass die Folge auf so vielen Ebenen ungewöhnliche Wege gegangen ist. Für Haileys Weg bei "Chicago P.D." waren maßgeblich Jay Halstead und Hank Voight die entscheidenden Begleitfaktoren, aber die beiden sind in dieser Episode eher in der zweiten Reihe zu finden und das hat mich nicht im Geringsten gestört. Denn dadurch wurde die Verbindung zu Trudy Platt (ehrlich, man hätte es schon fast wieder vergessen können…) ins Zentrum gerückt, aber auch Kevin Atwater war ein wenig ein Leuchtturm dieser Episode und er hatte bislang nun wahrlich keine spezielle Beziehung zu Hailey. Das ist auch okay, weil er eben mehr zu Kim Burgess und Adam Ruzek gehört, aber es war so ungewöhnlich, ihn hier als Begleiter und Ratgeber für sie zu erleben, dass es mich einfach berührt hat. Dennoch war natürlich Trudy für diese Episode so viel wichtiger und das hat sie als Figur auch echt mal wieder verdient gehabt. Sie mag zwar oft harsch, penibel und unnachgiebig daherkommen, aber nicht umsonst würden wahrscheinlich alle aus der Unit sowie zahlreiche weitere Streifenpolizist*innen sie als Mentorin bezeichnen, weil sie eben ein Händchen dafür hat, Menschen auf den rechten Weg zu führen und dabei erweist sie sich dann als treue Seele, denn sie gibt niemanden so schnell auf. Sie war eine entscheidende Figur für Haileys Lebensweg, weil sie mit ihrer Art, Polizistin zu sein, für sie bereits als Kind ein Vorbild war und sie so ohne Absicht dazu bewogen hat, ihr nachzufolgen und es ist schön, dass dieser Umstand hier wieder so betont wird.

Bevor ich auf diese Verbindung noch einmal eingehen werde, soll hier aber eine inhaltliche Einordnung stattfinden, damit die restliche Betrachtung auch in sich kohärenter erfolgen kann. Zu Beginn der Episode haben wir eine wirklich lange Sequenz, in der Hailey beim Joggen durch einen Verkehrsunfall überrascht wird, bei dem der Wagen schließlich in den Fluss stürzt. Sie springt todesmutig hinterher und minutenlang begleiten wir sie dabei, wie sie sich um die Rettung der beiden Personen bemüht. Es ist eine klassische Sequenz, die wir wohl eher bei "Chicago Fire" erwarten würden, aber es hat auch ganz wunderbar in "Chicago P.D." gepasst, zumal es dann die perfekte Vorlage für die nachfolgenden Ermittlungen war. Dennoch war es auch einfach ungewöhnlich, wie viel Zeit sich die Serie genommen hat, denn dadurch wurde schnell ersichtlich, um den Fall der Woche ging es eigentlich gar nicht wirklich. Es ging um Spannung, es ging um Dramatik und es ging um ganz viele Konsequenzen. Deswegen mag diese Szene am Anfang so lang gewesen sein, wie sie will, mir als Zuschauerin kam es in keiner Sekunde unpassend vor, denn ich habe für jede davon begeistert am Bildschirm geklebt. Deswegen war es auch gut, dass wir nach dem Eintreffen der Rettungskräfte immer noch bei Hailey sind und miterleben, wie sie völlig unter Schock steht, weil sie die Frau nicht retten konnte und nun nicht weiß, wie es für sie ausgegangen ist, obwohl sie die Frage tief in sich wahrscheinlich schon beantworten konnte. Dazu eben die Darstellung der Unterkühlung, deswegen ein riesiges Kompliment an Tracy Spiridakos, der es hier schauspielerisch wirklich gut gelungen ist, die ganzen Herausforderungen für Hailey zu transportieren. Insgesamt wird die Episode für sie eine enorme schauspielerische Hürde gewesen sein, gerade die ganzen Wassersequenzen, die körperlich und emotional an die Grenzen treiben können, das muss man erstmal mitmachen. Aber der Einsatz hat sich gelohnt, denn es sind sicherlich mit eine der besten ersten zehn Minuten der ganzen Serie!

Natürlich war bereits mit der Darstellung des Unfalls klar, dass in dem Auto etwas Dubioses vorgegangen ist, denn wäre es ein Herzinfarkt am Steuer gewesen, dann wäre es wohl besser wirklich bei "Chicago Fire" oder "Chicago Med" unterkommen. Aber spätestens dann mit der Reaktion der verzweifelten Frau war klar, Hailey rettet gerade den Falschen, wobei man das natürlich auch noch einschränken muss, weil Hailey sich in dem Moment nicht bewusst war, dass es eine Entweder-Oder-Entscheidung werden würde, denn sie hatte sich mehr Zeit erwünscht. So ist es eine Entweder-Oder-Situation gewesen und in dieser hat Hailey den Falschen erwischt, denn sie hat einem Serienvergewaltiger das Leben gerettet, während sein Opfer gestorben ist. Das war natürlich eine weitere gewaltige emotionale Bürde für sie. In dem Sinne war dann Trudy unheimlich wichtig, denn wenn diese Frau mit ihrer langen Karriere versichert, dass solche Situationen Teil des Jobs sind, dann ist es auch wirklich so. Natürlich hilft das Hailey für den Moment nicht, weil sie die Schuldgefühle nicht einfach ausknipsen kann, aber es führt sie schon in die Zukunft, wo sie irgendwann wie Trudy auf ihr Leben zurückblicken wird und es als Teil ihrer Vergangenheit akzeptieren wird. Aber Trudy ist auch so entscheidend in diesem Moment, weil sich die Geschichte wiederholt, denn wo einst sie sich um die hilflosen Uptons gekümmert hat, ist es nun Hailey selbst, die sich um die Millers kümmert, weil sie ihr das Vertrauen schenken, dass sie den Täter finden wird. Besonders entscheidend war dann die Sequenz, als Tochter Addy sich bittend an Hailey wendet und dabei Urvertrauen in die Polizei repräsentiert. Spinnt man die Geschichte nun weiter: vielleicht wird Addy irgendwann selbst Polizistin, so wie es bei Hailey einst war? Und damit schließt sich ein wunderbarer Kreis, denn es unterstreicht, auch wenn es für Hailey ein einschneidender beruflicher Tag war, vielleicht musste alles so kommen, um das Schicksal einer weiteren Person zu beeinflussen und um so aus dem Schlechten auch etwas Gutes zu ziehen.

Schließlich gab es noch die Poolszene, die Haileys inneren Kampf perfekt auf den Punkt gebracht hat, denn sie hat den Täter wieder am selben Punkt, aber diesmal hat sie ihr Wissen und sie steht wieder vor einer Entscheidung. Natürlich hat sie alleine von Berufswegen keine wirkliche Wahl, weswegen sie ihn schließlich auch rettet. Und dennoch hat sich Hailey diese Bruchteile von Sekunden genommen, um die Erlebnisse zu reflektieren und ist so vielleicht auch zum Ergebnis gekommen, dass sie immer und immer wieder so gehandelt hätte. Selbst wenn sich diese Realisierung erst viel, viel später wirklich festsetzen wird. Am Ende haben wir dann tatsächlich noch eine kleine Feiersequenz im Molly's und ich bin froh, dass man sich die Zeit dafür genommen hat. Denn abseits des Jobs sehen wir sie wirklich selten alle zusammen. Auch wenn es für Hailey nicht Feierlaune pur gewesen sein wird, es ist eben der Moment, wo sie Revue passieren lassen kann, wie viel sie in den zehn Jahren erreicht hat und dass es noch lange nicht vorbei sein wird. Aber diese Feierszene ist auch symbolisch für die gesamte Episode, denn hierfür kann man sich gerne auf die eigene Schulter klopfen!

Fazit

Normalerweise zücke ich bei "Chicago P.D." meist nur zum Midseason- sowie zum tatsächlichen Staffelfinale die volle Punktzahl. Aber hier mitten in der zweiten Staffelhälfte möchte ich einfach anerkennen, dass Mut für eine ungewöhnliche Episode aufgeboten wurde. Diese ist extrem kurzweilig und enorm spannend gestaltet worden, aber sie ist auch gepickt von so vielen liebevollen Details, die die bisherige Präsentation von Hailey für die Serie perfekt eingefangen hat. Das ergibt für mich ein rundum gelungenes Bild, wo ich auch gar nicht die Lust empfinde, etwas zum Kritisieren zu finden. In diesem Sinne einfach perfekt.

Lena Donth – myFanbase

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