Bewertung

Review: #2.21 Im Tunnel der Erinnerungen

"Community" hat ein ganz besonderes Verhältnis zu seinen Fans, Nicht-Fans und den Skeptikern. Die einen loben die Kreativität und den Ideenreichtum der Serie in den Himmel, die anderen tun ihn als reine Zitate- und Referenzensammlung ab, die über eine leere Hülle hinwegtäuschen. Und #2.21 Paradigms of Human Memory ist ein perfektes Beispiel, um dieses teilweise schizophrene Bild der Serie zu erläutern. Denn man kann diese Folge sowohl als reines Experiment sehen, aus dem Sitcom-Standardmittel der Clip-Show eine Parodie auf das Medium zu gestalten und damit eben kühl und steril Zutat A und Zutat B zusammenzumischen, nebenbei sich noch ein wenig über das eigene Publikum lustig zu machen und sich selber unheimlich clever vorzukommen. Oder man kann es als Erzählmittel auffassen, dass es einem ermöglicht indirekt mit den eigenen Anhängern und Kritikern zu kommunizieren, Dinge auszuprobieren und schlicht der eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen.

Es ist sicher kein Problem zu erraten, an welchem Ende des Spektrums ich mich befinde, aber ich kann es auch ehrlich nachvollziehen (wenn auch nicht richtig verstehen), wie man zur anderen Ansicht kommt und sich vom Humor der Serie isoliert fühlt. Dieses Problem wird "Community", sollte es seinen einzigartigen Stil beibehalten, wohl immer haben und dies ist auch einer der Gründe, warum die Serie zwar ein respektierter Kulthit ist, dies sich aber nie in guten Zuschauerzahlen niederschlägt. Wenn man als Fan im Ton der Serie drin ist, dann ist es eine der witzigsten und innovativsten Shows der letzten Jahre, für Außenstehende ist es aber schwer in diesen inneren Kreis vorzudringen.

Why do you always have to take whatever happens to us and shove it up its own ass?

Der Kern dieser Folge sind die Erinnerungen der Gruppe an das letzte Jahr, das durchaus einige dunkle Kapitel inne hatte und geprägt war von vielen weniger schönen Erinnerungen. Da ist Pierces Drogenabhängigkeit und seine Evil-Pierce-Phase (die sicher auch noch nicht überstanden ist), Shirleys ungewollte Schwangerschaft, Abeds Nervenzusammenbruch vor Weihnachten, und die Tatsache, dass Jeff und Britta die ganze Zeit heimlichen Sex haben, verstört den Rest der Truppe doch sehr. Aber im Rahmen dieser Folge, die eigentlich nicht viel wirklichen Inhalt hat, stellt die Gruppe fest und damit auch die Serie indirekt klar, dass es nicht um die Harmonie zwischen ihnen geht und dass sie keineswegs perfekt oder auch nur immer gut zueinander sind. Nein, sie bilden eine dysfunktionale kleine Einheit, deren Mitglieder sich zwar ehrlich umeinander sorgen und füreinander da sind, die aber doch so verschieden sind, dass eine klassische Jeff-Winger-Rede die Differenzen zwar kurzfristig übertünchen, aber nicht beseitigen kann. Und irgendwie beschleicht einen als Zuschauer das Gefühl, dass man selbst auch damit gemeint ist. "Community" ist nicht die Show, die eine einfache Lösung des Pierce-Problems liefern wird, oder aus einer alles anderen als romantischen Sex-Beziehung plötzlich eine traumhafte Liebesgeschichte fabrizieren wird. Und hier spielt man mit den Erwartungshaltungen und Reaktionen der Zuschauer und stellt klar, dass man nicht vorhat, diese zu erfüllen.

It's a locomotive that runs on US.

Aber in allererster Linie ist die Episode unheimlich witzig, und diese Tatsache lässt sie über das bloße Experimentsein hinauswachsen. Seien es die herrlichen Shipper-Videos von Annie und Jeff, Abed und Pierce (!) und Chang und Annie's Boobs (!!), bei denen zumindest bei mir auch beim wiederholten Ansehen kein Auge trocken bleibt (zumal man sich auch noch bei den beliebten Fanvideos zur Serie bedient), die grandios zusammengeschnittene Jeff-Winger-Ansprache, die abgedrehten Szenarien der Vergangenheiten (eine Geisterstadt, der Glee-Club, die diversen Kostüme des Deans und besonders dessen Erklärungen dafür, die Irrenanstalt) und die Details der Gegenwart der Lerngruppe. Vom 20. Diorama mit dem Thema, wie man selbst das 19. Diorama anfertigte, über Changs Auftritt in Badehose und gut geschmiert für die Lüftungsschächte. Eingestreut in das Alles ist eine kleine detaillierte Geschichte über Abeds Fandasein der zum Scheitern verurteilten NBC-Schwesternserie "The Cape" und tausende Referenzen auf vergangene Folgen. Es steckt einfach unheimlich viel Liebe zum Detail dahinter und man spürt, dass die kreativen Köpfe hinter der Kamera immer noch voller Ideen sind, die sie im Rahmen der Spielwiese, die die Serie bietet, umsetzen können.

Six seasons and a movie!

Wie man merkt, weiß ich diesen Ideenreichtum sehr zu schätzen und einer der Hauptgründe, warum ich mich jede Woche wieder unbändig auf eine neue Folge "Community" freue ist die Gewissheit, dass man nie weiß, was einen erwartet. Dan Harmon und Co. haben zwar immer ihre Charaktere und Geschichten im Auge, sind aber offensichtlich gar nicht in der Lage dazu, diese einfach nur durch eine normale Sitcom-Entwicklung zu schicken. Und so dreht man also für eine einfache Clip-Show unzählige neue Szenen nach, die Abenteuer der Helden andeuten, von denen der Zuschauer bis dato keine Ahnung hatte und beschert diesem damit eine der witzigsten Folgen der Staffel. Ich kann nur immer wieder betonen, wie sehr dies meinen Humornerv trifft und Bewunderung ob der Kreativität hervorruft.

Cindy Scholz - myFanbase

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