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Review: #18.16 Gehen oder bleiben?

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In dieser Episode ging es um das Thema Treue. Wem gegenüber ist man Treue verpflichtet? Kann man Treue um jeden Preis verlangen? Was tun, wenn man sich zwischen Treue sich selbst gegenüber und Loyalität zu einem anderen entscheiden muss? Die Serie hat sich selbst auf jeden Fall die Treue bewiesen – allerdings nicht im Positiven. Erneut kommt man wieder auf die Trends der Vergangenheit zurück, lässt Charaktere die gleichen Wege wieder beschreiten, die schon die letzten paar Male einfach nur nervtötend waren und klopft sich dabei teils auch noch auf die Schulter.

Naiv habe ich gehofft, dass man diesen Angriff von außerhalb dafür nutzt, die Reihen zu schließen, Fehler zu erkennen und gemeinsam an einem Strang ziehend das Ausbildungsprogramm wieder neu zu gestalten. Falsch gedacht. Stattdessen bringt er von neuem die hässlichen Seiten einiger Charaktere heraus. Beginnen tut das – wie so oft – mit einem überraschenden Besuch von Catherine, die wie ein Hurricane im Krankenhaus aufschlägt und die Lage nur verschlimmert. Wie schon gesagt, man bleibt sich in manchen Dingen eben einfach treu. Natürlich ist es verständlich, dass sie der Sache im Zuge der Catherine Fox Foundation nachgehen muss. Trotzdem ist die Art und Weise, wie sie sich Bailey und den anderen gegenüber präsentiert und natürlich sämtliche Schuld von sich abweist, mal wieder typisch unverschämt.

Das ändert aber nichts daran, dass Bailey (wie auch schon in der letzten Folge) den schlimmsten Eindruck hinterlässt. Nachdem sie letztes Mal absolut unverschämt Meredith angegangen ist, fällt ihre Wahl dieses Mal auf Jo. Zwar gab es weniger Vorwürfe, die Quintessenz blieb aber die gleiche: Das Krankenhaus hat dich ausgebildet, jetzt bist du uns das schuldig. Dabei steckt Jo gerade mitten in der Ausbildung, die sie dafür einfach mal auf Eis legen soll. Immerhin findet Jo mit etwas Unterstützung einen Kompromiss (ein Dank geht hierfür nicht nur an Todd raus, sondern auch an Link, der seine eigenen Gefühle ausnahmsweise mal Jo zuliebe bedeckt gehalten hat). Etwas zusätzliche Hilfe im OP klingt zwar zuerst einmal wie ein guter Mittelweg, gleichzeitig ist das Ganze aber auch gefährlich offen. Wenn Jo das wirklich durchzieht, würde es mich nicht wundern, wenn immer mehr und mehr "andere" Mithilfe von ihr gefordert wird. Hoffentlich hat sie sich da nicht zu viel aufgehalst.

Aber zurück zu Bailey. Menschlich gesehen kann ich nachvollziehen, dass ihr gerade alles über den Kopf wächst. Das ändert aber nun mal nichts daran, dass das Krankenhaus (und damit auch unzählige Angestellte und Patient*innen) gerade jetzt eine voll konzentrierte und engagierte Führung benötigen. Und genau das kann Bailey gerade nicht leisten. Genau genommen gab es von jeher einige Punkte, die gegen Bailey als höchste Führungskraft sprachen (unter anderem ihr absolut unpassendes und eingeschnapptes Verhalten anderen Ärzt*innen gegenüber). Ebenso auch jetzt ihre Einstellung den Assistenzärzt*innen gegenüber. Die anderen möchte sie nicht darum bitten, dem Krankenhaus treu zu bleiben, weil sie sich dann womöglich erniedrigen müsste, für Jordan hat sie aber schon den sicheren Rücktransfer nach Minnesota bereit. Und das, obwohl er selbst noch am wenigsten unter dem Fehlmanagement des Krankenhauses gelitten hat. Ich weiß, dass das eine emotionale Szene sein sollte, für mich war das aber einfach unprofessionell. Ebenso erging es mir auch gegen Ende der Folge, als Bailey ihren spontanen Kurzurlaub bei Catherine eingereicht hat. In Theorie war das nachvollziehbar. Gerade auch parallel mit dem Voice-Over zum Thema Burnout ist es nur richtig von Bailey zu erkennen, dass es so nicht weitergeht. Nur kann ich mir nicht vorstellen, dass ein, zwei Tage daheim mit ihrer Familie da reichen werden. Das Krankenhaus hat Management-Probleme, nicht nur eine Chefin, die gerade ein paar Aufgaben zu viel hat, die sie einzeln aber prima erledigen würde. Mal ganz abgesehen davon, dass Bailey abgesehen von Jordan mit keinem anderen der Assistenzärzt*innen gesprochen hat. Was sollen die denn bitte davon halten, dass sogar die Chefin sich mal eben so verabschiedet? Keine Frage, Bailey ist nicht grundlos an die Spitze gelangt, trotzdem sollte vielleicht mal überdacht werden, ob sie dort weiterhin alleine herrschen sollte.

Während ich zuletzt noch damit gehadert habe, ob ich Meredith ihre Entscheidung, nach Minnesota zu ziehen, gönne oder aber doch eher für Loyalität ihrem Krankenhaus gegenüber (und weniger Ortswechseln) bin, hat der Verlauf der heutigen Folge eigentlich gereicht, um voll auf Pro-Minnesota umzuschwingen. Denn jetzt verhält sich Richard ähnlich unreif wie Bailey und hält Meredith ebenfalls fehlende Loyalität vor. Bei dem, was sie sich in letzter Zeit anhören konnte, hätte ich an ihrer Stelle auch keine Lust mehr zu bleiben. Zum Glück – zum Glück! – schaut aber Addison vorbei, deren medizinischer Eingriff zwar eher deprimierend war, die aber dafür etwas dringend benötigte Vernunft in diesen Kindergarten hineingebracht hat.

Sie ist es, die als eine Art Mediator agiert. Addison versteht, dass Meredith endlich ihren eigenen Weg gehen möchte, ohne von Pflichtgefühl zurückgehalten zu werden (so haben es ja auch Alex und Cristina getan, ohne dass ein derartiges Theater veranstaltet wurde). Gleichzeitig sieht sie aber auch, wie wichtig Meredith für das Krankenhaus geworden ist. Nicht nur als Top-Medizinerin und Preisegewinnern, sondern auch für das Fundament. Aber sie zeigt auch Richard klar auf, dass seine rosige Vergangenheit vom goldenen Zeitalter der Ausbildung nicht ganz so rosig war, wie er sie in Erinnerung hatte. Dass Stress, Konkurrenzkampf und die Verwandlung von Patient*innen in bloße Nummern schon immer ein Problem waren. Dass Richard sich viel lieber darum kümmern sollte, nach vorne zu sehen und nicht, Vergangenem nachzutrauern. Das ist doch mal eine nützliche Ansage!

Doch siehe da, am Schluss der Folge taucht plötzlich noch Nick auf und bietet Meredith an, was eigentlich auch mein erster Gedanke war: Sie bleibt erst einmal in Seattle, hilft dabei, das Krankenhaus wieder auf Vordermann zu bringen und er kommt auch her, unterstützt sie dabei und lernt ihre Familie erstmal richtig kennen, bevor sie zusammenziehen. Ein vernünftiger Vorschlag. Abgesehen von den offensichtlichen Vorteilen bringt das auch die Chance mit, dass man Nick womöglich doch noch zu einem ordentlichen Charakter aufbaut. Gleichzeitig war die Betonung auf das fürs Erste mehr als deutlich. Die beiden bleiben in Seattle, um alles in Ordnung zu bringen – und dann geht Meredith ihrer eigenen Wege. Verdient hat sie es alle mal. Was das dann für den Weitergang der Serie bedeutet? Wir werden sehen.

Randnotizen:

  • Levi ist zurück!! Dabei durfte er gleich richtig durchstarten und konnte sich von seiner mitfühlenden Seite zeigen. Ganz im Gegensatz zu Nico, dessen vorsichtige Entwicklung Richtung Gefühle-zeigen man wohl mal wieder in die Tonne treten kann. Yay, dann starten wir da wohl auch wieder bei Null?
  • Teddy und Owen bekommen nach der verflossenen Militärgeschichte nun vielleicht einen neuen Storyarc rund um Leo. Auch hier gibt es wieder viel Potential, wobei es vermutlich schwierig sein wird, eine solche Storyline ausführlich zu erzählen, wenn der Darsteller noch so jung ist. Vielleicht liegt der Fokus dann ja aber auch auf Teddy, Owen und deren psychologisch unterstütztem Umgang mit dem Thema Identität. Ein toller erster Schritt war ihr vernünftiges Gespräch auf jeden Fall schon einmal.
  • Große Überraschung: Winstons Bruder bringt tatsächlich nur Probleme mit sich. Hoffentlich lässt er sich von Wendell nicht in irgendwelche krummen Dinger hineinziehen.

Fazit

So richtig gefallen wollen mir die Vorgänge am Grey + Sloan zurzeit einfach ganz und gar nicht. Einfacher ausgedrückt: Auch meine Treue an die Serie ist zurzeit sehr gefordert. Viel zu viel schlechte Stimmung, Kindergartengehabe und Vorwürfe, anstatt produktiv mit den Problemen umzugehen, die sie sich selbst zuzuschreiben haben. Gleichzeitig besteht nun die Gefahr, dass Personen wie Jo und Winston, die bis jetzt noch dem Sturm trotzen konnten, womöglich ebenso nach unten gezogen werden. Meredith mag sich vielleicht dazu bereit erklärt haben, erst einmal noch hierzubleiben und das Krankenhaus zu unterstützen, nur hoffe ich, dass das jetzt nicht als Allzweckheilmittel für verschiedenste Probleme verwendet wird. Schließlich ist auch Meredith Grey nur ein Mensch.

Denise D. - myFanbase

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