Review: #19.20 Glücklich bis ans Ende?
Wow, da hat man sich nochmal ordentlich Action und Zündstoff für die zweite Hälfte des Finales aufgehoben. Denn während einige Teile von #19.19 Wedding Bell Blues noch recht vorhersehbar waren, allen voran Simones Flucht vor der Heirat mit Trey, hagelt es in #19.20 Happily Ever After geradezu Plottwists und schockierende Entwicklungen. Es ging um das Überschreiten von Grenzen. Sei das nun in der medizinischen Forschung, bei der Behandlung von Patient*innen oder aber seine eigenen Blockaden zu überwinden.
Beginnen wir doch mal mit Meredith. Ellen Pompeos Rückkehr für das Finale war schon lange bekannt, aber nachdem ihre indirekte "Ausstiegsepisode" doch recht ruhig verlaufen ist, habe ich mit nicht viel mehr gerechnet, als dass man die Gelegenheit nutzt und eine Aussprache zwischen Meredith und Nick initiiert. Stattdessen bekommen wir eine Meredith in Höchstform zu sehen, die sich in ihrem alten Dartmouth-Shirt durch Studien ackert und felsenfest davon überzeugt ist, die Alzheimer-Forschung komplett auf den Kopf zu stellen. Im ersten Moment war ich kurz beunruhigt, ob sie sich da nicht total in etwas verrannt hat – dann ist mir wieder eingefallen, dass das ja Meredith ist. Die darf gerne mal unglaubliche und unvorstellbare Dinge geschehen lassen. Trotzdem spricht es für sie, dass sie ihre Gedanken und Entdeckungen erst einmal mit ihren Vertrauten bespricht. Denn wenn sie mit ihren Vermutungen recht hat, würde das eine ganze Lawine auslösen. Und genau hier kommen eben Richard und Co. ins Spiel, die die ganze Sache neutraler betrachten. Natürlich kann Meredith das nicht, ist es doch viel zu persönlich für sie. Auch sonst war Meredith immer zentral an der Forschung, an der Medizin interessiert, nicht an dem ganzen Drumherum. Von dem her liegt es an Richard, sie daran zu erinnern, dass so eine bahnbrechende und sicherlich auch sehr kontroverse These in der Medizinwelt nicht einfach so mit offenen Armen aufgenommen werden wird. Dass sie mit Rückschlägen, mit Unglauben rechnen muss und damit ihre ganze Karriere aufs Spiel setzt. Lieber soll sie das Ganze für sich behalten und abwarten. Das klingt doch so gar nicht nach Meredith. Tatsächlich ist es Nick, der das genauso sieht. Obwohl er nach wie vor von ihrer privaten Geschichte gekränkt ist, fragt er sie, ob sie denn immer die Regeln befolgt. Ganz klar nein. Dementsprechend war es keine Überraschung, dass sie ihren potenziellen Geldgebern auf der Party die Wahrheit gesagt hat. Denn es ist eben nicht einfach nur irgendeine neue Forschung für sie. Durch ihre Mutter ist es wohl ihre bisher persönlichste Aufgabe und da kamen die Rückblenden zu Ellis Grey wie gerufen. Meredith hat ihre ganze Karriere lang darauf hingearbeitet, irgendwann einmal die Krankheit ihrer Mutter heilen zu können. Das geht über Veröffentlichungs-Politik und Spendengelder hinaus. War es ein riskanter Schritt? Definitiv. Aber eben auch genau das, was man von Meredith Grey erwartet.
Etwas unerwarteter kam für mich dafür, dass man Meredith und Nick nun doch noch eine Chance gibt. Der fiese Cliffhanger der letzten Folge, Michael, entpuppt sich herrlich unkompliziert als Zolas Tutor. Viel wichtiger ist aber, dass beide endlich ernsthaft über die Rolle nachgedacht haben, die sie im Leben des anderen spielen wollen. Nick ist durch seinen abenteuerlichen Hinflug bewusst geworden, dass er sein Leben richtig leben möchte und Meredith ist bereit, sich zu öffnen. Und so wollen sie es nun doch noch einmal miteinander versuchen. Nicht, dass ich ihnen das Glück nicht gönnen würde. Nur bin ich fest davon ausgegangen, dass man Nick jetzt endlich in Seattle etabliert hat. Gerade auch durch seine Mentorenbeziehung mit Lucas und das Assistenzarzt-Programm generell. Sollen die beiden dann eine Fernbeziehung führen oder verabschieden wir uns von Nick?
Rund um Meredith ist schon so viel in Boston passiert, dass ich die restlichen Vorkommnisse kurz zusammenfassen muss. Zunächst einmal Winston und Maggie (meine Güte, was ein Glow-Up), die, wie ich gehofft hatte, einen guten Abschluss gefunden haben und sich versöhnen konnten. So wirklich klar ist bei ihnen noch nichts, weil jeder seine Karriere weiterverfolgen möchte, sie sich aber dennoch nicht scheiden lassen. Es bleibt erst einmal alles in der Schwebe, aber sie scheinen damit sichtlich glücklich zu sein. Fast am besten hat mir allerdings gefallen, dass der Catherine-Fox-Award überraschend an Bailey ging. Nicht nur wegen ihr, sondern vor allem wegen dem Thema, für das sie einsteht. Perfekt wäre das Ganze gewesen, wenn auch Addison dazugekommen wäre, aber auch so war es ein runder Abschluss für die Storyline mit den Abtreibungsrechten, die sich durch die ganze Staffel gezogen hat (und hoffentlich auch weitergehen wird). Viel leiser, aber nicht weniger bedeutend, ist dafür Richard, der wohl auf dem besten Wege dahin ist, einen Rückfall zu haben und wieder zum Alkohol zu greifen. Während der Turbulenzen im Flugzeug herrschte so ein Chaos, dass ich das noch gar nicht so richtig ernst genommen hatte. Um einiges beunruhigender war dann aber die Erkenntnis, dass es eben nicht nur eine Reaktion im Angesicht des drohenden Todes war, sondern der Gedanke ans Trinken wohl schon länger in seinem Kopf herumspukt. Hier hat man einen aussagekräftigen Vergleich zwischen Richard und Amelia gezogen. Beide stehen gerade beruflich und privat unter Stress und doch ist es Amelia, die das Risiko sofort erkennt und sich aktiv nach einem AA-Meeting umschaut. Das ist erleichternd zu sehen, vor allem nachdem es ihr vor einigen Episoden noch so schlecht ging. Doch auch ihre Initiative und ihr Angebot, zusammen mit Richard zu gehen, bringt nichts. Richard scheint seinen Entschluss schon gefasst zu haben und lehnt damit die Rettungsleine von Amelia ab. Zwar sehen wir ihn nicht aktiv trinken, ich gehe aber doch stark davon aus, dass er es getan hat. Diese Geschichte finde ich schwierig einzuordnen. Auf der einen Seite hat ein Rückfall für Richard natürlich einiges Potential. Eine eigene Storyline für die Figur zum Beispiel oder aber auch eine weitere Stärkung der Beziehung von ihm und Amelia. Aber muss das sein? Wir haben jetzt eh mehrere neue Hauptcharaktere, die alle eingebaut werden müssen. Reicht es da nicht, dass Richard weiter in seiner Rolle am Rande des Geschehens bleibt, von wo aus er als Mentor und Unterstützung für den Rest agieren und oft auch brillieren kann? So finde ich es fast schade, dass man diesem Charakter so nun eine weitere schmerzhafte Storyline aufbürdet, wo doch alleine Catherines Erkrankung ausreichen sollte.
In Seattle wiederum kommt es in der Beziehung von Jo und Link endlich zum großen Knall. Seit Jahren beobachten wir die beiden nun dabei, wie sie von besten Freunden zu halben Liebeserklärungen und romantischen Momenten und wieder zurück springen. Ein ewiges Hin und Her. Bis heute. Scheinbar hat es letztlich nur einen charmanten Sam gebraucht, der die (nichtexistierende) Beziehung von Jo und Link derart in Gefahr gebracht hat, dass die Emotionen endlich übergekocht sind. Trotzdem bin ich nicht wirklich zufrieden mit der Art und Weise, wie man diese große Konfrontation der beiden gestaltet hat. Wie schon gesagt, es knistert seit Jahren zwischen den beiden. Mal wollte man Link anschreien, dass er doch endlich, endlich den ersten Schritt machen soll. Mal hat man den Kopf darüber geschüttelt, wie Jo so gar nicht zu merken scheint, dass Link eben nicht nur ein Freund für sie ist. Und dennoch hat man es in den letzten paar Episoden geschafft, mich vollkommen davon zu überzeugen, dass die Sam-Geschichte und Links damit verbundene Eifersucht das Ende für die beiden sein wird. Denn Link hat sich einfach grässlich verhalten. Unglaublich eifersüchtig, wohlgemerkt, ohne, dass er seine eigenen Absichten Jo gegenüber klargestellt hätte. Das Ganze hat für mich persönlich in besagter Konfrontation gegipfelt, die zwar vermutlich als Einstieg in eine große romantische Liebesbekundung fungieren sollte, mir aber stattdessen genau diese irgendwie versaut hat. Klar, Link ist mit Jo zusammengezogen, hat sie und Luna unterstützt, wo er nur konnte, und war immer für sie da. Aber das hat er ja aus freien Stücken heraus getan. Jo genau das jetzt vorzuhalten, ist also mehr als unfair. Zu Recht entgegnet sie ihm, dass sie ihn nie darum gebeten hätte. Gleichzeitig verstehe ich nicht so ganz, dass man es jetzt so hinstellt, als hätte Jo keine Ahnung gehabt, dass Link so viel für sie empfindet. So blind kann sie doch nicht gewesen sein, wenn jeder um sie herum sofort erkennt, was los ist. Noch dazu hatten die beiden schon viele Momente, die definitiv nicht freundschaftlich waren. Und trotzdem braucht es jetzt diese große Liebeserklärung draußen vorm Krankenhaus im strömenden Regen. Hier war das Setting echt perfekt, wenn man alles andere außer Acht lässt. Link gesteht Jo seine Liebe, nachdem er doch so lange auf den passenden Augenblick gewartet hat – und sie erwidert sie. Der Kuss im Regen, all das hätte so schön sein können, wenn man sich den holprigen Weg dahin gespart hätte. So hat dieses Happy End für mich leider einen etwas komischen Beigeschmack.
Was sonst noch so geschah:
- Eigentlich ist es fies, den wohl größten Cliffhanger hierher zu verbannen: Teddy, die wegen der vielen fehlenden Ärzt*innen eh schon am Rotieren ist, hat dazu auch noch Zahnschmerzen. Das kam mir schon etwas merkwürdig vor, habe mich aber nicht weiter darum gekümmert. Bis sie plötzlich im OP zusammenbricht. Was ist da nur los? Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass sie das gut überstehen wird, schließlich hat sie gerade erst den Chefposten übernommen und mit Owen läuft es auch endlich wieder besser. Trotzdem war das einer der überraschendste Spannungshöhepunkte der Folge.
- Parallel dazu sind die Assistenzärzt*innen gezwungen, alleine Sams Leben zu retten. Rein Serien-historisch gesehen hat Sam als "Patient, der das Interesse einer der Ärztinnen geweckt hat" eh keine guten Karten, siehe Denny oder Henry. Schade, denn ich mag ihn echt gerne. Auf jeden Fall sorgt er für eine spannende Szene im Operationssaal. Denn plötzlich sind Lucas und Co. auf sich alleine gestellt. Es ist letztlich eine ähnliche Situation, wie sie Benson und Levi kurz zuvor mit Maxine hatten. Das Protokoll und die Regeln verlangen, dass gewartet wird – und doch ist keine Zeit zu warten. Wirklich gut sah Sam nicht aus, als Owen ganz am Ende in den Saal gestürmt kommt. Auch hier hängt alles in der Schwebe.
- Bei Jules und Benson steht nach wie vor Maxines Gesundheit im Mittelpunkt. Ich bin schrecklich erleichtert, dass sie sich nochmal gefangen zu haben scheint, habe ich die Frau doch sehr ins Herz geschlossen. Gleichzeitig bringt ihre Verbindung zu Jules die Komponente der selbstgefundenen Familie hinein, die "Grey's Anatomy" häufig prägt.
- Lucas und Simone dürfen sich derweil den Konsequenzen stellen, die ihre Flucht von der eigenen Hochzeit eben mit sich ziehen (ganz nebenbei: herrlich, dass Mika und Taryn das Fluchtauto gefahren sind). Den Schlag, den Trey Lucas verpasst hat, sei ihm mal verziehen. Jetzt bin ich gespannt, ob Trey jetzt genauso schnell verschwindet, wie er damals aufgetaucht ist oder ob er um Simone kämpfen wird.
Fazit
Das war ein Finale, dass seinem Namen alle Ehre gemacht hat. Spannende Geschehnisse, überraschende Wendungen und ein ordentlicher Cliffhanger, den man nicht hat kommen sehen. Während manche Staffelfinale eher aufräumend wirken und Handlungsstränge zu Ende kommen lassen, hat man hier mindestens genau so viele bewusst offen gestaltet. Das kann natürlich auch daran liegen, dass mit Krista Vernoff die bisherige Showrunnerin die Serie verlässt. Auf jeden Fall macht die Serie nicht den Anschein, als würde sie sich auf ein baldiges Ende gefasst machen.
Denise D. - myFanbase
Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Happily Ever After?Erstausstrahlung (US): 18.05.2023
Erstausstrahlung (DE): 28.08.2023
Regie: Debbie Allen
Drehbuch: Meg Marinis
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