Bewertung

Review: #21.01 If Walls Could Talk

"This profession is a calling, not a business."

Nachdem die letzte Staffel mit Catherine Fox‘ Rundumschlag in Form von mehreren Entlassungen der Ärzt*innen geendet hatte, war ich schon gespannt, wie man das wieder lösen würde. Schließlich handelte es sich um Hauptcharaktere, dementsprechend war klar, dass es bei den Kündigungen kaum bleiben konnte. Und siehe da, bereits nach einer Folge sind alle wieder eingestellt. Einerseits bin ich heilfroh, dass man diese Storyline nicht länger gezogen hat, gleichzeitig frage ich mich aber auch: Hat es das denn überhaupt gebraucht? Für einen richtigen Cliffhanger war es zu offensichtlich, wie es weitergehen würde. Letztlich hat es nur mal wieder aufgezeigt, dass Catherine ihren Willen durchsetzt, knallhart, ohne Rücksicht auf Verluste. Sie wurde hintergangen, also müssen alle (mehr oder weniger) Beteiligten gehen. Egal, ob die gerade Führungspositionen im Krankenhaus bekleiden oder nicht. Catherine wurde seit jeher als gnadenlose Businessfrau dargestellt, ihr Verhalten überrascht also keineswegs. Nur mit Arbeitsethos alleine führt man die Fox Foundation eben nicht an. Trotzdem macht es sie nicht sympathischer, wenn sie zum Beispiel mal eben so erwähnt, die Anfänger nur deswegen behalten zu haben, damit sie weiterhin die Gelder für das Ausbildungsprogramm bekommen. Im Laufe der Episode hat man versucht, Catherines Verhalten dadurch zu rechtfertigen, dass sie weiter ihren Job machen und sie selbst sein möchte und nicht über ihr Krankheit definiert werden will. Das ist absolut verständlich, ändert aber auch nichts daran, dass ich ihren Charakter inzwischen einfach leid bin. Immer muss sie ihren Willen durchsetzen, immer ist es ihr Ego, das nicht berührt werden darf und immer wieder kommt sie damit durch, wird von der Serie sogar noch dafür angepriesen. Da hilft auch Jackson Avery nicht, der mal wieder Vermittler spielen darf und dabei zwischen den Stühlen sitzt. Denn er kennt seine Mutter, weiß wie sie tickt, und muss auch die Interessen der Foundation vertreten. Gleichzeitig weiß er, dass Meredith Grey genauso stur sein kann wie Catherine. Vermutlich konnte nur er die Situation entschärfen und Meredith dazu überreden, einen Schritt auf Catherine zuzugehen (natürlich muss es wieder so herumlaufen). Erneut wird Catherines Erkrankung thematisiert und dieses Mal könnte ich mir tatsächlich vorstellen, dass diese Staffel ihre letzte sein könnte. Traurig bin ich wahrlich nicht darüber. Bleibt zu hoffen, dass uns das zumindest einige interessante Geschichten bietet. Vielleicht zieht sich Meredith ja erst einmal etwas von ihrem Projekt zurück und versucht, Catherine zu helfen, gewissermaßen als neues Forschungsprojekt.

Während Merediths Projekt der eigentliche Auslöser für das ganze Drama war, ist es doch Miranda Bailey, die wohl am meisten unter allem zu leiden hat. Sie hat sich für die Anfänger in die Schusslinie begeben und ist gefallen. Immerhin hat sie noch ihre Klinik, aber ihre wehmütigen Blicke Richtung Haupthaus haben schon wehgetan. Zum Glück ist Ben Warren wieder da und weiß ihr Halt und Rat zu geben. Ihre Beziehung hat sich schon lange zu einer meiner Favoriten im "Grey's Anatomy"-Universum etabliert und auch wenn es sehr schade war, "Seattle Firefighters" gehen zu sehen, so freue ich mich doch genauso darüber, dass wieder mehr von den beiden in der Hauptserie zu sehen sein wird. Überhaupt war Bailey an einigen meiner Lieblingsmomenten in der Folge beteiligt. Erst einmal selbstverständlich die Ohrfeige gegenüber Catherine, die schon mein Highlight aus dem Staffel-Trailer war. Leider, leider nur im Traum geschehen, aber hey, man kann nicht alles haben. Aber auch ihre Reaktion auf Sydney Herons Rückkehr war einfach herrlich. Der entsetzt-ungläubige Blick von Bailey hat sich wohl so ähnlich auch auf meinem Gesicht gespiegelt, denn von all den Charakteren, die man hätte zurückbringen können, ist es ausgerechnet die? Die Begeisterung der Anfänger hielt sich ja auch deutlich in Grenzen und ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass sich das nur um eine kurze Übergangslösung handelt und Bailey gleich wieder das Zepter übernimmt.

So viel zum großen Cliffhanger des Finales, der sich doch recht schnell wieder verpufft hat. Um einiges interessanter waren da die ganzen anderen Geschichten, angefangen beim kleinen Plottwist um Jo Wilsons Schwangerschaft. Die hat es tatsächlich immer noch nicht geschafft, den passenden Moment zu finden, es Atticus 'Link' Lincoln zu sagen. Sehr zum Leidwesen von Levi Schmitt, der nun jedes Wort auf die Goldwaage legen muss. Die Freundschaft beiden ist einfach schrecklich unterhaltsam anzusehen und ich mag noch gar nicht daran denken, dass Jake Borelli die Serie bald verlassen wird. Hoffentlich bekommen wir bis dahin noch viele Szenen mit den beiden zu sehen.

Überraschenderweise war der spontane Kuss zwischen Mika Yasuda und Jules Millin wohl doch kein einmaliges Ereignis. So wie die beiden während der Episode umeinander herumgeschlichen sind, war ich mir sicher, dass es wie bei ihrem Gespräch ablaufen würde: Beide schieben den Kuss auf die außergewöhnliche Situation und belassen es dabei. Dass es nun doch nicht dazu gekommen ist, gefällt mir eigentlich ganz gut. Nur schwebt mir da noch Midori Francis' anstehender Ausstieg aus der Serie vor Augen. Allzu viel Zukunftspotential haben die beiden wohl leider nicht. Umso spannender sind die Entwicklungen bei Benson 'Blue' Kwan , dessen Leben sich langsam aber sicher in ein Romantikdrama verwandelt. Ich meine, die Verlobte gerät nach einem Streit in einen Autounfall und kann sich danach nicht mehr an ihn erinnern? Und jetzt steht Molly plötzlich wieder vor ihm, mit Fotobeweis in der Hand und der Aussage, dass ihr seither immer etwas gefehlt hat? Klingt nach einem typischen Hollywoodfilm. Man kann sich vorstellen, wie schwer es damals für Blue gewesen sein muss, der erst mit der Erkrankung seiner Mutter kämpfen musste, mehr oder weniger von Molly gerettet wurde, nur um die kurz darauf auch zu verlieren. Jetzt bietet sich den beiden eine zweite Chance. Ich bin gespannt, ob sie etwas daraus machen können. Derweil hat sich Lucas Adams endlich dazu durchgerungen, eine Entscheidung zu treffen. Er bleibt (nicht wirklich überraschend) in Seattle und kehrt zu Simone Griffith zurück, was schon ein echt romantischer Moment war. Vielleicht kann man diesem Pärchen (oder den Charakteren alleine) ja auch noch etwas mehr Potenzial entlocken.

Apropos Potenzial entlocken – nachdem Winston Ndugu in letzter Zeit eher ziellos bei der Serie mitgeschleift wurde, war ich in dieser Episode von der vielversprechenden Dynamik zwischen ihm und Richard Webber angetan. Letzterer hatte nach dem misslungenen Eingriff in der letzten Staffel ja schon so gut wie mit dem Chirurgendasein abgeschlossen. Aber das wollte Winston nicht so einfach hinnehmen. Inwieweit es weise ist, einen Chirurg zum Operieren zu nötigen, der sich eigentlich gerade nicht dazu im Stande fühlt, das sei mal dahingestellt. Immerhin ist Richard nun wirklich in einem Alter, in dem es a) absolut in Ordnung ist, zurückzutreten und er b) bei seiner Erfahrung wohl kaum nur von dem Vorfall traumatisiert ist und eben "wieder aufs Rad steigen" muss. Trotzdem respektiere ich, dass Winston ihm helfen wollte. Vielleicht erkennt Richard, dass er sich nur noch aufs Lehren konzentrieren möchte. Mit seinem Wissensschatz ist er auf jeden Fall auch noch heute ein Gewinn, und nachdem Winston sich gegen Ende genau das zu Nutzen gemacht hat, wäre das doch eine gute Lösung für alle Beteiligten.

Fazit

Die letzte Staffel konnte nicht so recht überzeugen, nicht zuletzt auch, weil sie gezwungenermaßen sehr kurz geraten war und somit kaum Zeit für ordentliche Geschichten blieb. Staffel 21 kann nun wieder mit mehr Episoden aufwarten. Gleichzeitig werden einige Hauptcharaktere wegen Budgetkürzungen wohl nicht in jeder Folge zu sehen sein. Da die Serie nun wahrlich keinen kleinen Cast hat, dürfte das kein Problem darstellen. Tatsächlich wäre mir in dieser Folge gar nicht aufgefallen, dass Owen Hunt und Teddy Altman nicht dabei waren. Vielleicht kann man sich so auch mehr auf die Handlungsstränge der einzelnen Personen konzentrieren und diese sinnvoller thematisieren. Der Start in die neue Staffel ist auf jeden Fall gelungen. Viele kleinere Storylines wurden angestoßen, die die Beziehungen der Charaktere untereinander betreffen und die durchaus vielversprechend erscheinen. Was das große Ganze angeht, bin ich mir da noch nicht so sicher. Ist es weiterhin der Versuch, das Ausbildungsprogramm und damit das Ansehen des Krankenhauses aufzubauen? Bleibt der phasenweise Krieg gegen Catherine? Lässt man die übergeordneten Themen einfach weg und konzentriert sich auf die Figuren? Bedingt hängt all das wohl von der Frage ab, wie lange man der Serie an sich noch gibt. Biegen wir langsam, aber sicher auf die Schlussgerade ein, macht es Sinn, kein großes Fass mehr aufzumachen und den Geschehnissen etwas mehr Stabilität zu geben. Das würde mir persönlich auch vollkommen reichen, denn mir sind gut geschriebene Charakter-Storylines um einiges lieber als das ständige Endzeitfeeling im Krankenhaus. Nun, wir werden sehen.

Denise D. - myFanbase

Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:


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