Review: #6.06 Ein einfacher Fehler
Alle wollen mitmachen, aber wenn etwas schief geht, will es keiner gewesen sein. Dieses menschliche Prinzip, das sicherlich auf die eine oder andere Art schon jeder einmal in seinem Umfeld erlebt hat, kennzeichnet diese Episode, die stark aus dem gewohnten Rahmen fällt. Vieles von dem, was die Serie "Grey's Anatomy" normalerweise auszeichnet – die romantischen Verwicklungen, der Humor, die Freundschaften, die Parallelen zwischen den Patientengeschichten und dem momentanen Fühlen und Denken der Ärzte – spielt in dieser Folge kaum eine oder gar keine Rolle. Der Fokus liegt diesmal komplett auf der stressigen, hektischen, von Konkurrenzkampf geprägten medizinischen Arbeit.
Wessen Patientin ist das?
Nach einem Hotelbrand werden zahlreiche Patienten eingeliefert, deren Verletzungen zum Teil massiv sind. Neben dem Mann, dem eine Feuerwehraxt in der Brust steckt, dem Teenager, dessen halber Körper verbrannt ist, und dem Feuerwehrmann, der zahlreiche Knochenbrüche davongetragen hat, wirkt Cathy Becker mit ihren leichten Brandverletzungen wie ein uninteressanter Fall, an dem die Ärzte wenig Interesse haben – bis Cathys Organe plötzlich eins nach dem anderen versagen. Nach Cathys Tod hebt auf die Frage, wessen Patientin sie war, keiner die Hand. In einem Verhörmarathon, der für die Zuschauer durch Flashbacks visualisiert wird, ermitteln Webber, Jennings und eine Anwältin die verantwortliche Person – und feuern diese.
Für den Zuschauer wird eigentlich ziemlich schnell klar, wer den entscheidenden Fehler begangen hat, denn es war April, die Cathy als erste untersucht hat und sich dabei mehr als offensichtlich von dem Anblick der spektakuläreren Fälle ihrer Kollegen ablenken ließ, wozu Reed mit ihren Kommentaren noch beigetragen hat. April bescheinigte Cathy sofort, das alles in Ordnung sei – und da Cathy wenig später gestorben ist, muss man kein Genie sein, um zu begreifen, dass dies eine falsche Diagnose war.
Dennoch kann man dieser Episode keine fehlende Spannung vorwerfen, denn auch wenn man als Zuschauer sehr schnell überzeugt davon ist, dass April den Bock geschossen hat, kann man sich bis zum Schluss keinesfalls sicher sein, dass sie auch als die verantwortliche Person erkannt wird. Nachdem in der Folge zuvor niemand geringere als Izzie gefeuert wurde und wir gesehen haben, dass die neuen Kollegen aus dem Mercy West nicht davor zurückschrecken, zu manipulieren und zu lügen, bleibt bis zum Schluss die Sorge, dass vielleicht Cristina, Alex oder Lexie ihren Kopf hinhalten müssen.
Das System heißt Chaos
Am Ende wird wirklich April entlassen, aber richtig freuen kann man sich darüber als Zuschauer auch nicht, denn insgesamt war April noch die angenehmste der "Invasoren" aus dem Mercy West, da sie zumindest eine verletzliche und sensible Seite offenbarte und am wenigsten bedrohlich schien. Im Moment schwebt ein eisiger Hauch von "Der Schwächste fliegt" über dem Krankenhaus. Die Zeiten, in denen Webber jungen Ärzten auch dann noch eine Chance gegeben hat, wenn sie LVAD-Leitungen durchschnitten und Herzen gestohlen haben, sind vorbei. Webber wirkt im Moment schwach. Er kann sich nicht auf der politischen Ebene, gegen die Korinthenkacker aus dem Vorstand, durchsetzen. Er lässt jeden Kampfgeist und jede Solidarität mit der Zunft der Mediziner vermissen. Genauso gut könnte derzeit ein Steuerberater, ein Anwalt oder ein Versicherungsvertreter das Krankenhaus leiten.
Derek fasst es prima zusammen, als er sagt, dass es seit dem Zusammenschluss des Seattle Grace mit dem Mercy West plötzlich zu viele Ärzte auf engstem Raum gibt, die sich nicht kennen und einander nicht vertrauen. Alle haben Angst um ihre Jobs, es gibt keine Sicherheit und keine Ordnung. Es regiert das Chaos. Nicht nur, dass Derek damit vollkommen Recht hat, deutet sich hier auch an, dass McDreamy die Autorität seines Chefs in Frage stellt. Ein großer Knall liegt in der Luft und scheint auch bitter nötig. Ich stehe momentan voll auf Dereks Seite.
Keine Izzie, wenig Meredith
Dass Izzie spurlos verschwunden und daher kein einziges Mal in dieser Folge zu sehen ist, während Meredith nur am Anfang und am Ende kurz auftaucht und gar nichts mit der Haupthandlung zu tun hat, kennzeichnet natürlich auch die neue Zeitrechnung bei "Grey's Anatomy". Es ist ja bekannt, dass beide Darstellerinnen freiwillig – aus familiären Gründen und wegen anderer beruflicher Verpflichtungen – kürzer treten, dennoch verändert dies natürlich das Gesicht der Show. Diese sechste Folge der sechsten Staffel versucht diese Tatsache auch gar nicht erst zu kaschieren, sondern stellt sie sogar noch deutlich heraus.
Punkte?
Eine Bewertung fällt schwer. Die Folge ist sicher interessant, aber als Zuschauer fremdelt man im Moment ein wenig mit der Serie.
Maret Hosemann - myFanbase
Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: I Saw What I SawErstausstrahlung (US): 22.10.2009
Erstausstrahlung (DE): 28.04.2010
Regie: Allison Liddi-Brown
Drehbuch: Bill Harper
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