Bewertung

Review: #6.12 Vor aller Augen

Foto: Seattle Firefighters - Copyright: Disney+
Seattle Firefighters
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Der Titel der kommenden Episode, It's All Gonna Break, hätte für die aktuelle Folge vom Gefühl her auf jeden Fall besser gepasst als das nun gewählte Never Gonna Give You Up. Denn die Episode war mehr von Verlustängsten und Hoffnungslosigkeit geprägt, aber auch Vertrauen war ein Thema, aber reduzierter. Schon diese Überlegungen zeigen wohl, dass ich es diesmal mit "Seattle Firefighters - Die jungen Helden" schwieriger hatte, weil ich wieder deutlich mehr hinterfragen musste.

Ein Aspekt hat mich aber schon arg gestört. Sowohl von unseren myFanbase-Autor*innen von "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" als auch von mir ist schon mehrfach angesprochen worden, dass die kleinen (und großen) Crossover-Bemühungen nicht immer ideal über die Bühne gehen. Diesmal war es wieder augenscheinlich. Maya Bishop und Ben Warren sind getrennt für die Schicht unterwegs, aber an beide wird herangetragen, dass es im Zusammenhang mit der Reproduktionsklinik und dem Krankenhaus zu einem Vorfall gekommen ist. Die Umstände bleiben sehr unklar, weswegen natürlich beide um ihre Ehefrauen besorgt sind. Dagegen lässt sich nichts sagen, aber ich fand es einfach wieder schade, wie streng die Serien trotz dieser inhaltlichen Brücken getrennt sind. Ich hätte nicht verlangt, dass wir die Szenen sehen müssen, wie die beiden im Krankenhaus ankommen, die Momente waren gut in #19.12 Pick Yourself Up aufgehoben, aber wenn man bedenkt, wie viel Zeit zwischendurch vergeht, dann ist es einfach unrealistisch, dass es nicht einmal eine Rückmeldung gab, es ist alles gut. Speziell der Rettungseinsatz in der Gebirgskette ist sicherlich nicht innerhalb von fünf Minuten erledigt gewesen und wir wissen, dass in einem Krankenhaus die Uhren anders ticken, weil dort Sekunden manchmal zählen. Will man uns da also ehrlich verkaufen, dass es eine Stunde oder mehr braucht, um mal kurz in welcher Form auch immer (sei es nur ein Sicherheitsmann des Krankenhauses) eine Rückmeldung zu geben, dass Carina DeLuca und Dr. Miranda Bailey wohlauf sind? Der beabsichtigte dramaturgische Aufbau hat es für mich hier nicht getan, ich war eher etwas genervt. Zumal dann eben auch noch Bens medizinischer Notfall auf der Wache in Form von Reggie sehr langweilig war und nur 'verzweifelt' darauf angelegt war, eine Parallele zwischen Eheleuten herzustellen. Wenigstens nehme ich in Bezug auf Maya etwas Positives mit, denn ihre Panik während des Einsatzes hat auch noch einmal unterstrichen, dass ihr Prioritäten gerade gen Carina und nicht gen Job liegen.

Einen großen Handlungsbogen haben wir in Theo Ruiz und Victoria "Vic" Hughes und auf sie beide passt der tatsächlich gewählte Episodentitel wohl am besten, denn trotz der Spannungen zwischen ihnen merkt man eben speziell bei ihr, dass sie ihr Ego hinten anstellt und für Theo da sein will, weil sie ihn eben nicht aufgeben will, auch wenn sie zu Beginn der Episode eben nicht versteht, was in ihm vorgeht. Schon in meiner Review zu #6.09 Come As You Are habe ich wertgeschätzt, wie erwachsen die Beziehung der beiden dargestellt wird. Auch wenn Vic gerade die treibende Kraft ist, diesen Eindruck aufrechtzuerhalten, so lässt sich Theo eben auch mitziehen. Er sucht zwar Abstand, aber er drängt Vic auch nicht so stark weg, dass es kein Zurück mehr geben könnte. Wie von mir gewünscht bleibt die Brandserie in Theos alter Nachbarschaft auch im Gespräch und wenig überraschend hat es keine richtige Untersuchung wegen der Brandursache in Tomás Silvas Barbershop gegeben und das obwohl Theo mit Argumenten Druck gemacht hat. Ich kann verstehen, dass ihn das in Kombination mit den Umständen rund um Sean Beckett, bei denen auch viel nach Vertuschung oder zumindest Missachtung aussah, sehr frustriert hat. Es war wichtig, dass Vic an dieser Stelle hartnäckig geblieben ist, denn sie hat ein starkes Gerechtigkeitsbedürfnis und sie ist auch jemand, die anpackt und sich vor keinem Konflikt scheut, eben auch weil sie bislang keine große Karriere innerhalb des SFDs anstreben wollte. Damit war bei ihr die Info wegen des Barbershops natürlich bestens aufgehoben, weil sie danach abging wie ein Zäpfchen und auch den hoffnungslosen Theo mit einem neuen Funken entfachen konnte. Ich fand auch ihr Gespräch inmitten des heruntergebrannten Ladens sehr emotional, denn Vic kam das durch das Restaurant ihrer Eltern alles sehr bekannt vor und doch war es für sie eine völlig andere Ebene als bei Theo jetzt. Während für Vic das Restaurant ein Geschwisterkind war, auf das sie stets eifersüchtig war, ist der Barbershop für Theo die Personifizierung seines verstorbenen Vaters, also ziemlich entgegengesetzt. Wichtig war aber, dass sie trotz unterschiedlicher Erfahrungen Verständnis für einander hatten und letztlich auch gesiegt haben. Es wird eine Untersuchung geben, das wird sich vermutlich ziehen, aber es ist dennoch ein Hoffnungsschimmer. Also ja, diese Storyline verkörpert den Titel am besten, denn es besteht Hoffnung für die Latinx-Gemeinschaft, das sie eine Form von Gerechtigkeit erfahren.

Kleinere Schnipsel gab es für Andy Herrera und Travis Montgomery dieses Mal, die sich dann auch über eine Person wieder kreuzen: Eli Stern. Andy hätte ihr erstes richtiges Date mit ihm anstehen gehabt, aber ihre Gedanken sind verständlicherweise bei der beruflichen Zukunft ihrer Kollegen und von sich selbst. In dem Sinne passte Eli auch trotz wenig romantischer Stimmung gut ins Spiel, weil er Andys akribische Recherchen mit seinen Fähigkeiten, alles rhetorisch zu perfektionieren, natürlich perfekt ergänzt hat. Dennoch würde ich das Date gerne sehen, wirklich, ich sehe da großes Potenzial. Bei Travis wiederum sind wir immer noch an dem Punkt, dass er sich schwer tut mit dem Gedanken, Bürgermeister zu werden. In seiner Logik macht er es dann auch noch schlimmer, indem er der führende Held bei der Rettung des Social Media-Sternchens Stella Trix sein darf und vor laufender Kamera eine mitreißende Ansprache hält. Das ist eben Travis. Er macht zunächst die halbe Crew wahnsinnig, weil er überall Tiere in den Höhlen vermutet und sich wie eine kleine Mimose verhält, aber wenn einmal seine ernste Seite angeknipst ist, dann ist er nicht mehr zu stoppen. Auch wenn es sehr gestellt war, dass natürlich alles für Social Media zu verfolgen war, so war die Darstellung von Travis an sich authentisch, denn er ist wirklich so. Während sich Eli deswegen di Hände reibt, wird Travis nur unglücklicher. In dem Punkt erwarte ich mir baldig eine Antwort und auch wenn ich Michael Dixon wahrlich die letzten Wochen nicht vermisst habe, vielleicht braucht es ihn mal wieder, um für den explosiven Knall zu sorgen, damit sich Travis klar positioniert, auch wenn es möglicherweise dann Elis Anwesenheit für die Serie erledigt, denn ich bezweifle, dass sie ihn nur als Anhängsel von Andy in der Serie halten.

Zuletzt haben wir die großen Nachwirkungen der Meuterei, oder wie Eli es semantisch so geschickt formuliert hat, der Revolution. Natasha Ross sieht sich in der Verantwortung, Wache 19 scharf unter Beobachtung zu stellen, und springt einfach selbst als Captain an. Dennoch hat sie gleich zu Beginn der Schicht etwas Beeindruckendes präsentiert bekommen, indem Andy, von Eli geschult, einen wirklich tollen, auch rechtlich belegten, Einwand vorgebracht hat. Das konnte aber erstmal nicht weiter beleuchtet werden, da der Einsatz rund um Stella Trix losging. Ich bin nicht sicher, ob der Einsatz wirklich so geschickt gewählt war. Er hatte etwas Spannendes, das ja, aber ich hatte den Eindruck, dass er vor allem dazu gedacht war, eine Parallele zu Natashas Beziehung zu Robert Sullivan herzustellen. Angesichts des Endes der Episode logisch, aber da Natasha am Ende auch eine begeisterte Ansprache hält, was sie für einen Teamgeist vorgefunden hat, da habe ich nicht unbedingt dasselbe wie sie sehen können. Ich weiß, dass dieser Teamgeist vorhanden ist, weil ich die Serie über bald vollständige sechs Staffeln begleite, aber der Einsatz war meiner Meinung nach nicht bestens geeignet. Im Grunde hatte Travis seinen großen Moment und eben Natasha und Sullivan, die Erfahrungen ihrer militärischen Vergangenheit genutzt haben, um Stella und ihren Kameramann Brenton überhaupt zu finden. Für eine beeindruckende Teamleistung ist mir das doch zu einseitig in der Darstellung gewesen.

Stella, oder Sara wie sie laut Personalausweis heißt, und Brenton stehen symbolisch wie erwähnt für Natasha und Sullivan, weil beide Paare, wenn sie nur für sich sind, die beste Zeit des Lebens haben. Geht es aber in die Öffentlichkeit, dann ist Professionalität und Abstand gefragt. Während Brenton angesichts des wirklich entsetzlichen Verhaltens seiner Freundin einen Schlussstrich gezogen bekommt, bleibt offen, wie es für Sullivan und Natasha weitergeht. Während er schon beim letzten Mal mit seinem Bedürfnis, wieder eifriger mit seinen AA-Meetings zu sein, Abstand genommen hat, zeigt der Einsatz eigentlich ihre Nähe, weil sie sich sehr gut ergänzen und von einem ähnlichen Schlag Mensch sind. Doch Natashas Entscheidung am Ende, Sullivan nicht zum Captain zu machen, das wird aus diesem Einsatz resultiert sein. Ich bin noch unsicher, was ihre ganzen Gedankengänge waren, aber sie steht völlig zwischen den Stühlen und sie ist wahrlich nicht zu beneiden. Aber der Reihe nach: erstmal bekommt Andy das Angebot, Captain zu werden. Zurecht! Aber genauso zurecht hat sie abgelehnt, was ich in ihrer logischen Argumentation nachvollziehen konnte, sie will eben keine Übergangslösung sein, sondern Endgame. Während Andy selbst noch Sullivan empfiehlt, geht das neue Angebot aber an Theo. Jo, überrascht habe ich da erstmal auch geguckt. Gleichzeitig passt es aber auch wieder, denn ja, Theo war der erste, der FÜR das Team eine Beschwerde eingereicht hat (wobei Sullivan mit Einbezug der vergangenen Staffel zuerst war, aber das ging ja leider gründlich in die Hose damals) und der nicht für sein eigenes Bestreben agiert hat, sondern für alle. Zudem ist auch er wie Sullivan schon in der Position gewesen. Natashas Gedankengänge sind also nicht völlig verwerflich, aber definitiv mit viel Konfliktpotenzial. Aber es ist nicht nur Sullivans enttäuschtes Gesicht, was spannend ist, sondern auch das von Vic. Auch bei ihr wird es eine Vielzahl von Gründen sein, aber die dunklen Wolken sind klar zu erkennen. Spätestens hier ist wohl klar, warum mehr alles zusammenbricht als dass es um Vertrauen geht.

Fazit

Ich fand die aktuelle Episode von "Seattle Firefighters" diesmal nicht ideal konzipiert und einiges habe ich auch kritisch hinterfragt. Dennoch habe ich auch wieder Kontinuitäten gesehen, die dieses zweite Staffeldrittel so stark machen. Zwar sieht es gerade wieder düsterer aus, aber damit ist handlungstechnisch viel möglich.

Lena Donth – myFanbase

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